Auf seinem Flug nach Kanada ist Papst Franziskus mit rund 80 begleitenden Journalisten zusammengetroffen. Auf einen Stock gestützt ließ er sich viel Zeit für Gespräche. Auf eine Frage nach dem angebotenen Rücktritt des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki wiederholte er seine Antwort aus einem kürzlich veröffentlichten Interview. Solch eine Entscheidung könne nicht unter Druck getroffen werden. "Wir werden sehen", so der Papst. Eine mögliche Reise in die Ukraine bestätigte Franziskus seinerseits weiterhin nicht. Den Wunsch dazu hatte er zuvor mehrfach geäußert.
Vorher hatte Franziskus mit den Journalisten das sonntägliche Angelus-Gebet gebetet und an den Welttag der Großeltern und alten Menschen erinnert, den die katholische Kirche an diesem Sonntag begeht. Junge Menschen müssten in Kontakt mit ihren Großeltern, ihren Wurzeln bleiben, so der 85-Jährige. Nicht um dort zu verharren, sondern um zu wachsen. Etwa wie ein Baum, der seine Stärke aus den Wurzeln ziehe.
Landung am Sonntagabend erwartet
Gegen 19:20 Uhr deutscher Zeit wird Franziskus in Edmonton, der Hauptstadt des kanadischen Bundesstaates Alberta erwartet. Weitere Stationen der Reise sind Quebec und Iqaluit am Nordpolarmeer. Im Zentrum der 37. Auslandsreise von Franziskus stehen Gespräche mit Indigenen-Vertretern der First Nations, Metis und Inuit. In sogenannten Residential Schools wurden im 19. und 20. Jahrhundert indigene Kinder ihrer Kultur beraubt, misshandelt und auch missbraucht.
Für die Beteiligung der Kirche, die eine Vielzahl dieser Internate betrieb, fordern Indigene eine päpstliche Entschuldigungsbitte auf kanadischem Boden. Beim Besuch mehrerer indigener Delegationen im März hatte Franziskus bereits in Rom um Vergebung gebeten. Sowohl der Besuch in Rom wie auch die Papstreise stehen unter dem Motto "Walking together" (gemeinsam gehen).
In Kanada sind weiter geplant Höflichkeitsbesuche bei Generalgouverneurin Mary May Simon und Premierminister Justin Trudeau. Zudem stehen Begegnungen mit Bischöfen, Priestern, Ordensleuten und Jugendlichen auf dem Programm. Am Dienstag ist eine Messe mit mehreren zehntausend Menschen in Kanadas größtem offenen Stadion in Edmonton vorgesehen.
Inuit-Organisation lehnt Teilnahme an Papst-Treffen ab
Eine Inuit-Organisation in Nordwestkanada will keine offiziellen Vertreter zur Begegnung mit Papst Franziskus am kommenden Freitag in der nordostkanadischen Stadt Iqaluit entsenden. Dies teilte die Inuvialuit Regional Corporation (IRC) am Freitag (Ortszeit) mit. Es sei nicht klar, ob es bei dem Treffen eine formale Entschuldigungsbitte geben werde oder nicht, begründete die Organisation ihre Absage.
Zwar erkenne man die Geste der Papstreise an, auch sei es einzelnen Inuvialit unbenommen, als Einzelpersonen an Papst-Treffen teilzunehmen. Man hoffe auch, dass dies zu individuellen Heilungsprozessen beitrage. "Aber solange die römisch-katholische Kirche keine eindeutige Erklärung abgibt, in der sie sich verpflichtet, das Unrecht der Vergangenheit aufzuarbeiten, wird sich das IRC zurückhalten", heißt es in der Erklärung.
Dies gelte auch, "solange die Kirche trotz der Zusagen im Indian Residential School Settlement Agreement weiterhin keine Zahlungen leistet". Das von Kirchenmitarbeitern begangene Unrecht an indigenen Kindern in den sogenannten Residential Schools im 19. und 20. Jahrhundert ist Anlass der Papstreise von Sonntag bis Freitag nach Kanada. "Die Inuvialuit tragen nach wie vor die Last des generationenübergreifenden Traumas, das von den Internatsschulen herrührt, und werden diese Gräueltaten nie vergessen", heißt es in der IRC-Erklärung.
In den Internaten wurden Kinder indigener Völker Kanadas ihrer Kultur entfremdet, um sie jener der europäischen Einwanderer anzupassen. Zudem gab es zahlreiche Fälle von Misshandlungen, Missbrauch und Verwahrlosung. Für Entsetzen sorgten Funde anonymer Kindergräber auf dem Gelände ehemaliger Residential Schools. Die Schulen wurden vom Staat finanziert und von Vereinigungen der katholischen und anderer Kirchen betrieben.