Migration müsse man in eine breitere zeitliche und räumliche Perspektive einordnen, sagte er in der ersten Rede seines Besuchs am Samstag auf der Mittelmeerinsel Malta.
Migration sei ein aktuell weltweites Phänomen. Aus dem armen und bevölkerungsreichen Süden strömten "Menschenmassen in den reicheren Norden". "Es bringt die Schuld vergangener Ungerechtigkeiten, vieler Ausbeutungen, des Klimawandels und unglücklicher Konflikte mit sich, für die wir jetzt die Konsequenzen tragen", mahnte Franziskus vor Vertretern aus Politik, Diplomatie und Zivilgesellschaft.
Kritik an "infantiler und zerstörerischer Aggression"
In dieser Notsituation sei es "nicht möglich, dass sich einige Länder das gesamte Problem aufbürden, während die anderen Länder in der Gleichgültigkeit verharren", so der Papst. Dabei bezog er sich sowohl auf die Ukraine und deren westliche Nachbarländer wie auch das Mittelmeer.
Auch dürften "zivilisierte Länder nicht zu ihrem eigenen Vorteil undurchsichtige Abkommen mit Verbrechern abschließen, die Menschen versklaven". Der Mittelmeerraum brauche europäische Mitverantwortung, damit er zu einem "Schauplatz der Solidarität und nicht zum Vorposten eines tragischen Schiffbruchs der Zivilisation" werde.
Papst nennt Putin nicht beim Namen
Angesichts der Kriegs gegen die Ukraine kritisierte der Papst in seiner Rede auch "infantile und zerstörerische Aggression". Ohne Russlands Präsidenten Wladimir Putin ausdrücklich zu nennen, warnte Franziskus vor einem "Infantilismus", der sich in den "Verlockungen von Autokratie" zeige, in neuen Imperialismen, Aggression und der Unfähigkeit, Brücken zu bauen.
Seine maltesischen Gastgeber mahnte der Papst hingegen zu "Ehrlichkeit, Gerechtigkeit, Pflichtbewusstsein und Transparenz".
Diese seien Grundpfeiler einer tatsächlich zivilisierten Gesellschaft. Rechtlosigkeit und Korruption müssten beseitigt werden, mahnte Franziskus mit Bezug auf diverse Korruptionsprozesse in Malta.
International bekannt wurde im Herbst 2017 der Mord an der Journalistin Daphne Caruana Galizia; sie hatte zu Korruption in Politik und Wirtschaft des Landes recherchiert. Allein Legalität und Transparenz ermöglichten es, Verbrechertum und Kriminalität auszutrocknen, so Franziskus.
Treffen mit Staatspräsidenten zu Besuchsbeginn
Mit Blick auf den benachbarten Nahen Osten, der sich in der maltesischen Sprache mit ihren arabischen Wurzeln des Landes widerspiegelt, lobte er "die maltesische Fähigkeit", "in einer Art Geselligkeit der Unterschiede wohltuende Weisen des Zusammenlebens zu schaffen". Das brauche auch der Nahe Osten: Libanon, Syrien, Jemen und andere von Problemen und Gewalt heimgesuchte Gebiete.
Vor seiner Ansprache war der Papst mit Maltas Staatspräsidenten George Vella und Premierminister Robert Abela zusammengetroffen.
Franziskus war am Vormittag aus Rom kommend zu einem zweitägigen Besuch auf Malta gelandet. Wegen starker Kniebeschwerden musste er für den Ein- und Ausstieg am Flugzeug einen Lift benutzen. Am Nachmittag besucht Franziskus einen Wallfahrtsort auf der Vorinsel Gozo.