Papst Franziskus hat sich an Palmsonntag überraschend auf dem Petersplatz gezeigt. "Gesegneten Palmsonntag! Gesegnete Heilige Woche!", wünschte er bei seinem kurzen Auftritt am Ende der Festmesse vor rund 20.000 Menschen. Im weißen Gewand und ohne Nasenkanülen ließ er sich im Rollstuhl auf die Altarbühne vor der Fassade des Petersdoms fahren.
Anschließend wechselte er noch einige Worte mit Anwesenden, darunter auch Schwester Raffaella Petrini. Im März hatte er sie zur ersten weiblichen Regierungschefin der Vatikanstaats ernannt.
Zuvor hatte der argentinische Kardinal Leonardo Sandri die vom Papst verfasste Predigt vorgetragen. Darin rief Franziskus vor Beginn der Karwoche dazu auf, christliche Verantwortung für die Mitmenschen zu übernehmen. So habe Simon von Cyrene, der Jesus laut der biblischen Passionsgeschichte zunächst gezwungenermaßen geholfen habe, das Kreuz zu tragen, nicht geredet, sondern gehandelt. Franziskus muss sich nach einer schweren Lungenerkrankung auf ärztlichen Rat weiterhin schonen.
Gegen Ungerechtigkeit, Krieg und Elend
"Angesichts der schrecklichen Ungerechtigkeit des Bösen ist es niemals vergeblich, das Kreuz Christi zu tragen, im Gegenteil, es ist die konkreteste Art, seine rettende Liebe zu teilen", so der Papst in dem Text. "Wie viele Menschen tragen, wie Simon von Cyrene, das Kreuz Christi! Erkennen wir sie? Sehen wir den Herrn in ihren Gesichtern, die von Krieg und Elend gezeichnet sind?", so Franziskus.
Es gelte, jenen die Hand zu reichen, die am Ende ihrer Kräfte sind, jene aufzurichten, die gefallen sind, und diejenigen zu umarmen, die mutlos sind. Während der Karwoche sollten die Menschen überlegen, "wie wir das Kreuz tragen wollen: nicht um den Hals, sondern im Herzen", so Franziskus. "Bereiten wir uns auf das Osterfest des Herrn vor, indem wir einander beistehen wie Simon von Cyrene", appellierte der Papst.

Bei der Festmesse wurden nach dem Brauch zu Palmsonntag rund 200.000 Olivenzweige an die Gottesdienstbesucher verschenkt, gespendet von der Nationalen Vereinigung der Städte mit Olivenanbau der Region Latium. Der Brauch erinnert daran, dass die Menschen Jesus mit Palmwedeln zujubelten, als er nach Jerusalem einzog. Aus Sanremo wurden zudem aus Palmzweigen und -blättern geflochtene "Palmurelli" geliefert. Das Flechtwerk ist eine ligurische Tradition und gilt als Friedenssymbol.
Dank beim Mittagsgebet
Beim Mittagsgebet dankte Papst Franziskus den Menschen abermals für ihre Gebete um seine Genesung gedankt. "In dieser Zeit der körperlichen Schwäche helfen sie mir, Gottes Nähe, sein Mitgefühl und seine Zärtlichkeit noch stärker zu spüren", heißt es in seinem Text zum Mittagsgebet an Palmsonntag. Wie bereits in den Wochen seit seiner Erkrankung Mitte Februar war dieser nur schriftlich veröffentlicht worden.
Weiter ruft der Papst zum Gebet für alle Leidenden auf, vor allem die von Krieg, Armut oder Naturkatastrophen Betroffenen. Insbesondere verwies er auf die Opfer eines Gebäudeeinsturzes in Santo Domingo (Dominikanische Republik). Beim Einsturz eines Dachs während eines Konzerts in einer Diskothek wurden am Dienstag etwa 100 Menschen getötet.
"Leid von Schutzbedürftigen schreit zum Himmel"
Ebenso erinnerte Franziskus daran, dass sich am 15. April der Beginn des Konflikts im Sudan zum zweiten Mal jährt. Tausende Menschen wurden getötet und Millionen Familien zur Flucht gezwungen. "Das Leid von Kindern, Frauen und schutzbedürftigen Menschen schreit zum Himmel und fleht uns zum Handeln an", so das Kirchenoberhaupt. "Ich erneuere meinen Appell an die beteiligten Parteien, die Gewalt zu beenden und Wege des Dialogs zu beschreiten, sowie an die internationale Gemeinschaft, der Bevölkerung die notwendige Hilfe zukommen zu lassen."
Weiter mahnte er Frieden für die "geplagte Ukraine", für Palästina, Israel, die Demokratische Republik Kongo, Myanmar und den Südsudan an. Für den Libanon, wo vor 50 Jahren der "tragische Bürgerkrieg" begonnen habe, äußerte er die Hoffnung, dass die Menschen dort "mit Gottes Hilfe in Frieden und Wohlstand" leben können.
Die Ärzte haben Franziskus aufgrund einer schweren Lungenerkrankung mit 38 Kliniktagen eine sechswöchige Phase der Schonung verordnet. Dennoch trat der 88-Jährige seit vergangenen Sonntag mehrfach unerwartet öffentlich auf.