Migration sei keine Notlage, sondern "eine Gegebenheit unserer Zeit", sagte er am Samstag in einer Rede zum Abschluss des "Mittelmeer-Treffens" in Marseille. Im Publikum saßen unter anderen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der Vizepräsident der EU-Kommission, Margaritis Schinas, und die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde.
Mehr reguläre Einreisemöglichkeiten für Migranten
Natürlich gebe es Schwierigkeiten bei Aufnahme, Schutz, Förderung und Integration von Menschen, räumte das katholische Kirchenoberhaupt ein.
"Aber das Hauptkriterium kann nicht der Erhalt des eigenen Wohlstands sein, sondern vielmehr die Wahrung der Menschenwürde." Neuankömmlinge dürften nicht als Last, sondern müssten als
Geschwister angesehen werden.
Franziskus forderte erneut mehr reguläre Einreisemöglichkeiten für Migranten und warb für eine ausgewogene Aufnahme in Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern. Er sprach von einer "unvermeidlichen Integration", die zwar mühsam sei, aber Zukunftschancen biete.
Kritisch äußerte er sich über die Idee einer Assimilation, die "keine Rücksicht auf Unterschiede nimmt und starr in ihren eigenen Paradigmen verharrt". Dies sei gefährlich, weil es Distanzen vergrößere und so letztlich zu Ghettoisierung und Feindseligkeit führe.
Anlass für Papstreise war "Mittelmeer-Treffen"
Das "Mittelmeer-Treffen" (Rencontres Mediterraneennes) war Anlass für die zweitägige Papstreise nach Marseille, die kein offizieller Staatsbesuch in Frankreich ist. Bei der Konferenz berieten junge Menschen, Kommunalpolitiker und Religionsführer aus den Mittelmeeranrainerstaaten über aktuelle Herausforderungen. Im Fokus stand das Thema Migration.
Am Samstagmorgen hatte der Papst bereits den EU-Politiker Schinas und Vertreter von Hilfsorganisationen zu einem kurzen Austausch getroffen. Anschließend begegnete er im Haus der Missionarinnen der Nächstenliebe Menschen in wirtschaftlich prekärer Lage. Für den weiteren Tagesverlauf standen eine Unterredung mit Staatspräsident Macron sowie ein Gottesdienst im Stadion des Fußballvereins Olympique Marseille auf dem Programm. Am Abend fliegt Franziskus zurück nach Rom.
Seenotretter oft unter Vorwänden an Einsätzen gehindert
"Viele von euch gehen ins Meer, um zu retten, um Migranten zu retten", sagte der Papst am Freitag bei einer Gedenkveranstaltung für im Mittelmeer ertrunkene Menschen im französischen Marseille. Die Seenotretter würden oft an ihren Rettungseinsätzen gehindert, auch unter dem Vorwand, am Boot stimme etwas nicht, sagte Franziskus. Dies seien "Gesten des Hasses".
An dem Gedenken nahmen Vertreter anderer Religionen und christlicher Kirchen sowie Mitglieder verschiedener Hilfsorganisationen teil.
Papst ermutigt Priester und Ordensleute zum Dienst am Menschen
Zuvor hatte Papst Franziskus Priester und Ordensleute zu ihrem Dienst an den Menschen ermutigt. Sie seien Werkzeuge von Barmherzigkeit und Fürbitte, sagte der Papst am Freitag in der Basilika Notre-Dame de la Garde in Marseille.
Er rief sie auf, sich einen mitfühlenden Blick zu eigen zu machen. "Öffnen wir die Türen der Kirchen und Pfarrhäuser, vor allem aber die des Herzens, um durch unsere Güte, Freundlichkeit und Gastfreundschaft das Antlitz unseres Herrn zu zeigen", so Franziskus.
Das Gebet in der Basilika mit Priestern und Ordensleuten des Erzbistums Marseille war der Auftakt des zweitägigen Papstbesuchs in der französischen Hafenstadt gewesen.
Aufruf zur Nähe zu den Schwachen und weniger Privilegierten
Franziskus forderte die Anwesenden auf: "Seid allen nahe, besonders den Schwachen und den weniger Privilegierten, und lasst es den Leidenden niemals an eurer aufmerksamen und taktvollen Nähe fehlen." Die Geistlichen seien berufen, eine Stimme zu sein, die für die anderen eintritt. Vor seinem Grußwort betete der Papst vor einer Marienstatue und segnete eine große Kerze.
Die Wallfahrtskirche Notre-Dame de la Garde ist ein Wahrzeichen von Marseille und traditionell ein Ort für Bitten und Dank der Seeleute.