Egoismus und Argwohn gegenüber anderen hätten die Oberhand gewonnen, so Franziskus. "Der Spalt zwischen dem Streben nach eigenem Wohlstand und dem Glück der menschlichen Gemeinschaft scheint sich auszuweiten: So sehr, dass man glaubt, zwischen dem Einzelnen und der menschlichen Gemeinschaft sei inzwischen ein wahres Schisma im Gange", schreibt das Kirchenoberhaupt.
Wirtschaftliche und technische Entwicklung würden oft nicht zum Wohl der Gemeinschaft genutzt, kritisiert Franziskus. Materialismus und Konsumdenken manipulierten die Menschen, so dass sie den Blick verlören "für die Schönheit eines gemeinschaftlichen Lebens und für die Bewohnbarkeit des gemeinsamen Hauses". Die Christen ruft Franziskus daher auf, Spaltung, Gleichgültigkeit und Feindseligkeit zu bekämpfen. "Und es muss sofort gehandelt werden, bevor es zu spät ist", mahnt der Papst.
Was hat die Kirche zu geben?
Franziskus fordert eine neue weltweite moralische Sichtweise, die Schöpfung und Menschen achte. Für den Papst ist dabei in erster Linie die Kirche selbst gefordert. Sie müsse sich ernsthaft fragen, ob sie genug dazu beigetragen habe, "eine Vision des Menschen zu fördern, die in der Lage ist, die Einheit der Völkerfamilien zu unterstützen angesichts der heutigen politischen und kulturellen Umstände", schreibt Franziskus.
Das Kirchenoberhaupt äußert sich anlässlich des 25. Gründungsjubiläums der Päpstlichen Akademie für das Leben in einem Brief an den Leiter der Akademie, Erzbischof Vincenzo Paglia. In dem Text würdigt Franziskus die bisherige Arbeit der Akademie und bestärkt sie darin, sich weiter im interkulturellen, interreligiösen und interdisziplinären Dialog zu engagieren und sich weiter für den Schutz des menschlichen Lebens und die Menschenrechte einzusetzen. Das sechsseitige Papst-Schreiben trägt den Titel "Humana communitas" (Die menschliche Gemeinschaft). Die Päpstliche Akademie für das Leben wurde am 11. Februar 1994 von Papst Johannes Paul II. gegründet.