"Der ungewisse Weg der Unabhängigkeit unserer Länder mit seinen Fort- und Rückschritten, immer bedroht von unterschiedlichen Formen des Kolonialismus, ist noch nicht beendet", schrieb der Papst in einem Vorwort zu einem Buch des uruguayischen Publizisten Guzman Carriquiry Lecour.
Die Vatikanzeitung "Osservatore Romano" veröffentlichte den Text in ihrer Mittwochsausgabe.
Aus der Armut heraus
Erst vor sechs Jahren habe Lateinamerika das Ende einer wirtschaftlichen Wachstumsphase erlebt, die dank günstiger internationaler Bedingungen mehr als 40 Millionen Menschen aus der Armut geholt und neue bürgerliche Schichten etabliert habe, so der Papst.
Nach einer "langen Welle von Depressionen" aufgrund der Weltwirtschaftskrise sowie aufgrund von Korruption und Gewalt lebe Lateinamerika erneut "in Angst und Ungewissheit".
"Erinnerung, Mut und Hoffnung"
Franziskus beklagte "brüchige politische Strukturen", eine neue Zunahme von Armut und eine stärkere soziale Ausgrenzung. Dabei warnte er vor Manövern ohne klaren Kurs und vor Vertrauen auf "Ideologien, die sich als wirtschaftlicher Misserfolg und menschliche Verwüstung erwiesen haben".
Das Buch von Carriquiry zu den 200-Jahr-Feiern der Unabhängigkeit greift mit dem spanischen Titel "Memoria, Coraje Y Esperanza" drei Programmworte von Franziskus - "Erinnerung, Mut und Hoffnung" - auf.
Carriquiry lehrte an der Fakultät für Rechts- und Sozialwissenschaften in Montevideo und wurde nach verschiedenen Tätigkeiten an der römischen Kurie als katholischer Laie 2014 Vizepräsident der Päpstlichen Kommission für Lateinamerika.