Beim Mittagsgebet auf dem Petersplatz sagte der Papst am Sonntag: "Eine ganze Familie wurde von den Nazis ausgelöscht, weil sie verfolgten Juden Unterschlupf gewährten. Sie setzten dem Hass und der Gewalt jener Zeit die Liebe des Evangeliums entgegen. Diese polnische Familie war ein helles Licht in der Dunkelheit des Zweiten Weltkriegs. Mögen sie für uns alle ein Vorbild sein, das wir nachahmen wollen."
"Rhetorik der Gewalt die Ausdauer des Gebets entgegensetzen"
Zuvor hatte der Leiter der Vatikanbehörde für Heiligsprechungen, Kardinal Marcello Semeraro, die Seligsprechung des Landwirts Jozef Ulma, seiner damals im siebten Monat schwangeren Frau Wiktoria sowie der sechs Kinder im Alter von eineinhalb bis acht Jahren bei einem Gottesdienst in Markowa im Südosten Polens, dem Heimatdorf der Familie, bekanntgegeben.
Auf ihrem Bauernhof hatten sie acht Juden und Jüdinnen versteckt, die ebenfalls von den deutschen Besatzern getötet wurden. Papst Franziskus hatte die Ermordung der Familie Ulma als Martyrium anerkannt.
Bei seinem Mittagsgebet fügte Franziskus hinzu: "Nach ihrem Beispiel sollten wir uns aufgerufen fühlen, der Macht der Waffen die Macht der Nächstenliebe entgegenzustellen und der Rhetorik der Gewalt die Ausdauer des Gebets." Mit Blick auf den aktuellen Krieg in der Ukraine führte Franziskus dann aus: "Verstärken wir unser Gebet für die gequälte Ukraine, die so viel erleidet!"
Juden und Jüdinnen auf dem Bauernhof versteckt
Rund 30.000 Menschen waren zu der Messe unter freiem Himmel gekommen, darunter etwa 1.000 Priester, 80 Bischöfe und Polens Oberrabbiner Michael Schudrich sowie Staatspräsident Andrej Duda und Regierungschef Mateusz Morawiecki.
Kardinal Marcello Semeraro sagte in seiner Predigt: "Im Zeugnis und im Martyrium der Ulmas und ihrer Kinder entdecken wir die Größe der Familie, den Ort des Lebens, der Liebe und der Fruchtbarkeit neu." Den neuen Seligen könnten als Fürsprechern bei Gott Hoffnungen, Freuden, Nöte und Sorgen anvertraut werden.
Die katholische Familie Ulma schützte eineinhalb Jahre lang acht Juden und Jüdinnen auf ihrem Bauernhof vor der Deportation in ein nationalsozialistisches Vernichtungslager und der Ermordung.
Verraten haben soll sie ein Mann aus einem Nachbarort. Ihm hatte eine versteckte jüdische Familie ihren Besitz anvertraut. Die Nazis ermordeten die acht Juden und Jüdinnen noch vor der Familie Ulma.
Jahrestag der Ermordung ist Gedenktag für polnische Judenretter
Die Familie gilt in Polen als Symbol für die Hilfe für Juden und des Märtyrertums während der deutschen Besatzung. 2016 eröffnete Präsident Duda in Markowa ein Familie-Ulma-Museum zu Ehren der Polen, die Juden vor dem Holocaust retteten. Seit 2018 ist der Jahrestag der Ermordung der Familie Ulma, der 24. März, auf Beschluss Dudas ein
nationaler Gedenktag für die polnischen Judenretter. Die israelische Gedenkstätte Yad Vashem verlieh den Ulmas 1995 den Ehrentitel "Gerechte unter den Völkern". Das Erzbistum hatte das Seligsprechungsverfahren für die Familie 2003 eingeleitet.
Laut dem Vizechef des staatlichen Instituts des nationalen Gedenkens, Mateusz Szpytma, ermordeten die deutschen Besatzer im Zweiten Weltkrieg fast 1.000 Polen, weil sie Juden halfen und vor dem Holocaust retten wollten. Der Staat Israel zeichnete bislang mehr als 7.200 Polen für die Rettung von Juden als "Gerechte unter den Völkern" aus - so viele wie aus keiner anderen Nation.