Das Stadtviertel gleich neben der Apostolischen Nuntiatur in Bogota, der Unterkunft des Papstes während seines Kolumbienbesuchs, heißt "La Soledad" (Die Einsamkeit). Doch einsam war es um rund um Franziskus während seiner vier Übernachtungen in dem Gebäude mit den weißen Mauern und den grünen Türen nicht.
An der "Carrera 15 con Calle 36", wie die Bewohner der Hauptstadt die Adresse aufsagen, herrschte Abend für Abend eine Mischung aus Volksfeststimmung und stiller Andacht. Der Papst machte es zu einem kleinen Ritual, seine langen Tage in Kolumbien mit einer kurzen Audienz vor den Türen der Nuntiatur zu beschließen. "Danke und vergesst nicht, für mich zu beten" lauteten stets seine Schlussworte, die die Pilger fast schon mitsprechen konnten.
Auf Tuchfühlung mit Papst Franziskus
So wurde der Vorplatz zu einem Ort der emotionalen Begegnung. Der Papst segnete Kinder, einen erblindeten Mann, Kriegsversehrte - und rief dazu auf, all jene zu schützen, die schwach und verwundbar sind. Der enorme Zeitunterschied von sieben Stunden zwischen Bogota und Rom sowie Reisen quer durch die verschiedenen Temperatur- und Höhenzonen Kolumbiens zehrten an den Kräften des Kirchenoberhauptes. Tagsüber im warmen Villavicencio oder Medellin, abends zurück im kühlen, bisweilen sogar kalten Bogota auf 2.600 Metern Höhe. An den Abenden waren dem Papst Anstrengung und Müdigkeit anzusehen.
Und dennoch nahm er sich Zeit. Für ein kurzes Gebet mit den Gläubigen, die oft Stunden ausharrten, um ihm einmal ganz nah zu sein. Um ihre Botschaften zu hören und auch für kurze Reden über die Familie, die Versöhnung und die Liebe. Dazu stellte er sich auf ein kleines rotes Podium, das umgeben war von bunten Blumen. Er hörte zu, wenn klassische Chöre sangen oder jugendliche Rapper ihre Texte vortrugen, wenn Violinen erklangen oder Trommelschläge durch die noch junge Nacht schallten. Und er genoss die Vorträge und die Nähe zu den einfachen Menschen. Eine solche Volksnähe ist bei einem US-Präsidenten, einer Bundeskanzlerin oder britischen Königin undenkbar.
Schlicht und einfach
Seine Unterkunft war auch eine Botschaft der Zurückhaltung - wie sie so typisch ist für den Papst. Die Nuntiatur liegt nicht im reichen Norden der Stadt, in dessen Nobelhotels ausländische Besucher meist absteigen, sondern dort, wo die Mittelschicht wohnt.
Am Sonntag wird der Papst zum letzten Mal während seines Besuchs seine Teilzeit-Unterkunft verlassen, um quer durchs Land an die Karibikküste zu reisen. Raus aus dem kühlen Bogota, hinein in das tropisch heiße Cartagena. Runter von der Höhe der Berge bis auf die Höhe des Meeresspiegels. Wieder eine physische Herausforderung.
Ein persönlicher Abschied
Die Pressestelle des Präsidialamtes teilte am Samstagabend mit, Franziskus wolle sich persönlich von den Einwohnern der zweitgrößten südamerikanischen Stadt verabschieden. Er werde deshalb noch einmal mit dem Papamobil zum Flughafen fahren und nicht wie vorgesehen in einem geschlossenen Wagen. Die Menschen in Bogota werden ihm sicher einen begeisterten Abschied bereiten. Die Abfahrzeit am frühen Morgen ist dabei kein Problem: Am Sonntag beginnt um diese Zeit die "Ciclovia" - dabei werden die großen Straßen gesperrt und für Freizeitsportler freigegeben. So werden zum Abschied des Papstes diesmal möglicherweise auch Tausende Radfahrer, Jogger und Inline-Skater die Strecke säumen.
Der Transport von und zum Flughafen war für die Stadtverwaltung jedes Mal eine kleine Herausforderung. Die Route führte über die Calle 26, eine der wichtigsten Verkehrsadern der pulsierenden Millionenstadt. Der Einfachheit halber nahm die beeindruckende Karawane manchmal auch die Trasse des lokalen Bussystems Transmilenio. Dessen rote Fahrzeuge hatten während der Tage des Papstbesuches sogar ihre digitale Anzeige auf "Willkommen Papst" umgestellt. Vielleicht steht dort am Sonntag zu lesen "Adios Papa, komm bald zurück".