Papstreise nach Fernost

Heikle Themen gibt es genug

Der Papst Franziskus ist am Dienstagabend zu seiner vierten Ostasienreise aufgebrochen. Europas Aufmerksamkeit wird ihn vor allem nach Japan begleiten, der zweiten Station seiner Reise.

Autor/in:
Roland Juchem
Schulkinder begrüßen einen Mann mit einer riesigen Maske vom Papst Franziskus vor der Botschaft der Apostolischen Nuntiatur des Heiligen Stuhls / © Manish Swarup (dpa)
Schulkinder begrüßen einen Mann mit einer riesigen Maske vom Papst Franziskus vor der Botschaft der Apostolischen Nuntiatur des Heiligen Stuhls / © Manish Swarup ( dpa )

Warum das Kirchenoberhaupt auf dieser Asienreise zunächst Thailand besucht, ist vielen Europäern ein Rätsel. Dort gibt es ebenso wenige Katholiken wie in Japan, ein halbes Prozent der Bevölkerung. Zudem bleibt der Papst nur in Bangkok; in Japan besucht er immerhin Nagasaki und Hiroshima.

Nun, Thailand ist zum einen Hotspot der Flüchtlings- und Migrationskrise in Südostasien geworden, insofern das Königreich viele Menschen aufgenommen hat, sie aber nicht immer gut behandelt. Allein die Tatsache, dass pakistanische Katholiken, die - ihrer Heimat verfolgt - sich im Großstadt-Moloch Bangkok seit Jahren versteckt halten, nicht an der Papstmesse teilnehmen können, weil sie sonst festgenommen und abgeschoben werden, wäre ein Thema.

Land droht in ein autoritäres Regime zu rutschen

Zudem droht das Land unter neuem König und neuer Regierung mit einem Ex-General an der Spitze immer mehr in Richtung eines autoritären Regimes zu rutschen. Der Demokratie-Index 2018 der "The Economist Intelligence Unit" stuft Thailand an 106. Stelle weltweit ein und verpasst ihm das Etikett "Regime-Hybrid".

Für einen Papst wie Franziskus gäbe es also in puncto Demokratie, Menschenrechte, Migration und soziale Gerechtigkeit einiges anzumerken. Er wird sich allerdings hüten müssen, allzu deutlich zu werden - so deutlich, dass seine Worte die Reizschwelle westlicher Medien überschreiten.

Kritik verlangt Fingerspitzengefühl

Zum einen sind die Thailänder zwar geschmeichelt, dass ein internationaler Promi, dazu eine moralische Autorität wie das katholische Kirchenoberhaupt, ihr derzeit wenig beachtetes Land für einige Tage besucht. Andererseits reagieren sie wie viele Asiaten schnell verschnupft auf jede Art von Kritik. Solche anzubringen verlangt Fingerspitzengefühl - gerade von einem Inkulturationsprediger wie Franziskus.

Schließlich sollte von Europa aus bedacht werden, dass ein katholischer Papst in Fernost als eine zwar respektierte, aber doch exotische Figur wahrgenommen wird. Zudem ziemt es sich nicht für einen Besucher, der Oberhaupt einer nur verschwindenden Minderheit in Thailand ist, dem Gastland seine Fehler anzukreiden - ob in Worten oder Besuchen. Die Folgen könnten seine Leute nach der Abreise unschön zu spüren bekommen. Das zeigte sich schon vor zwei Jahren in Myanmar und Bangladesch.

Franziskus wird vermutlich für Atomwaffenverbotsvertrag werben

Etwas anders ist die Situation in Japan. Die Menschen dort sind in ihrem Umgang zwar ebenfalls deutlich reservierter und höflich-formaler als in Europa, äußern Kritik meist indirekt. Aber Japan ist eine sichere Demokratie, international auf Platz 22, mit praktiziertem Recht auf freie Meinungsäußerung. Franziskus' Besuche in Nagasaki und Hiroshima sind zudem ganz im Sinne der Bevölkerung wie der Regierung. Dort tritt er dezidiert in die Fußstapfen seines Vorgängers Johannes Paul II.

Mitten im Wettrüsten des NATO-Doppelbeschlusses hatte der Papst aus Polen im Februar 1981 dazu aufgefordert, sich "unermüdlich für die Abrüstung und Abschaffung aller Nuklearwaffen einzusetzen". Franziskus wird dort vermutlich für den Atomwaffenverbotsvertrag werben. Diese, von der UN-Generalversammlung im Dezember 2016 angenommene Vereinbarung, die noch nicht in Kraft ist, verbietet Entwicklung, Produktion, Test, Erwerb, Lagerung, Transport, Stationierung, Drohung mit und Einsatz von Atomwaffen.

Gleichwohl gibt es mögliche Reibungspunkte zumindest zur Politik des rechtskonservativ-nationalistischen Regierungschefs Shinzo Abe. Da ist einmal die friedliche Nutzung der Kernenergie wie auch eine von Abe angestrebte Revision der dezidiert pazifistischen Verfassung, die Japan sich 1947 gegeben hat.

Souveräner Staaten zur Kriegsführung verzichtet

Diese Verfassung ist weltweit einmalig, insofern das Land im Artikel 9 auf das Recht souveräner Staaten zur Kriegsführung verzichtet, auch einer defensiven. Dennoch setzte Abe 2015 Gesetze durch, die den Einsatz japanischer Soldaten in ausländischen Konflikten ermöglichten wie auch eine massive Aufrüstung der sogenannten Selbstverteidigungskräfte. Ebenso entschied Abe, dass trotz der Reaktorkatastrophe von Fukushima Daiichi 2011 Japans Atomkraftwerke wieder ans Netz gehen können, obschon dies in der Bevölkerung extrem umstritten ist. In beiden Fragen hatten sich die katholische Bischöfe des Landes relativ deutlich gegen Abe positioniert.


Papst Franziskus am Military Air Terminal des Don Muang Airport / © Gregorio Borgia (dpa)
Papst Franziskus am Military Air Terminal des Don Muang Airport / © Gregorio Borgia ( dpa )

Schulkinder warten auf die Ankunft des Papstes vor der Botschaft der Apostolischen Nuntiatur des Heiligen Stuhls / © Manish Swarup (dpa)
Schulkinder warten auf die Ankunft des Papstes vor der Botschaft der Apostolischen Nuntiatur des Heiligen Stuhls / © Manish Swarup ( dpa )
Quelle:
KNA