Pater Vöcking zieht Bilanz der Papstreise nach Südostafrika

"Kirche darf sich nicht heraushalten"

Bewahrung der Schöpfung, Frieden und interreligiöser Dialog - diese Aspekte stellt Papst Franziskus in den Fordergrund seiner aktuellen Afrika-Reise. Pater Hans Vöcking zieht vor der letzten Station Mauritus eine erste Zwischenbilanz.

Papst Franziskus während der Messe in Port Louis auf Mauritius / © Alessandra Tarantino (dpa)
Papst Franziskus während der Messe in Port Louis auf Mauritius / © Alessandra Tarantino ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wenn Sie zurückblicken auf die bisherigen Stationen der Reise; hat Papst Franziskus ein Zeichen setzen können?

Pater Hans Vöcking (Orden der Afrikamissionare Weiße Väter): Ich denke schon. Ich denke, er hat Zeichen im politischen Raum gesetzt, aber auch im kirchlichen Raum. Er hat sich mit Politikern und Vertretern der Zivilgesellschaft getroffen und dort ganz klar auf die Nöte und die Notwendigkeiten des politischen Wechsels hingewiesen. Zudem hat er den ganzheitlichen Anspruch gestellt: Es reicht nicht nur, über Frieden zu reden, sondern man muss sich auch dafür einsetzen.

Ähnlich hat er sich auch vor den Vertretern der katholischen Kirche geäußert. In seinen Reden bei den Bischöfen, Priestern und Ordensfrauen hat Franziskus auch darauf hingewiesen, dass die Kirche ihre Rolle im sozialen, politischen und kulturellen Kontext spielen muss. Das größte Zeichen, das er gesetzt hat, war ganz bestimmt das Treffen mit Jugendlichen aus verschiedenen Religionen. Dort hat er auf das friedliche Zusammenleben hingewiesen und erklärt, dass es von den Jugendlichen abhängt, wie die Zukunft des jeweiligen Landes aussieht.

DOMRADIO.DE: Wir schauen zunächst auf die Stationen in Mosambik. Dort haben Regierung und Opposition erst in diesem Sommer einen Friedensvertrag geschlossen. Franziskus hat jetzt mit Politikern und Kirchenvertretern gesprochen. Was kann er denn damit konkret erreichen?

Vöcking: Mit einem Besuch kann man die Welt auch in Mosambik nicht verändern. Aber ich glaube, dass der Papst die richtigen Worte gefunden hat. In Mosambik ist Krieg seit der Unabhängigkeit. Und der Friedensbeschluss von August steht auf wackeligen Füßen, das muss man erkennen. Aber der Papst hat die Politiker zur Ordnung gerufen und gesagt: Ihr seid dafür verantwortlich und müsst Euch dafür engagieren, dass die Bevölkerung Euch folgen kann.

In der Kirche ist es ähnlich: Der Bischof ist zwar der Hirte, aber wenn er keine Schafe mehr hat, kann er in der Wüste reden. Und da reicht es eben nicht, nur auf eine zukünftige Welt hinzuweisen sondern auch auf eine Verantwortung für die Gegenwart und für die heutige Gesellschaft.

DOMRADIO.DE: Auf Madagaskar hat Papst Franziskus bei einer Messe mit rund einer Million Gläubigen vor der Instrumentalisierung von Religionen gewarnt. Er sagte, wer Gottes Namen oder Religion missbrauche, um Akte der Gewalt zu rechtfertigen, der handle nicht im christlichen Sinne. Das Leid der Menschen sei nicht Gottes Plan. Das heißt, er wird schon deutlich und klar.

Vöcking: Madagaskar ist ein Sonderfall. Da herrschte auch Krieg zwischen Staat und Kirche. Und die einzige Selige, die das Land hat, hat gerade in diesem Kirchenkampf im 19. Jahrhundert ganz stark die Interessen der Katholiken vertreten und auch verteidigt.

Der Papst hat Recht, wenn er darauf hinweist, dass die katholische Kirche Teil der Gesellschaft ist. Sie trägt auch eine politische Verantwortung. Sie kann nicht alles abschieben an die Politiker, sondern muss auch selbst eine Rolle spielen. Deshalb ist auch die christliche Botschaft ganzheitlich. Die Kirche muss sich engagieren und dafür sorgen, dass die Katholiken selbst den Mut finden, sich politisch einzubringen.

DOMRADIO.DE: Die letzte Station des Papstes ist ab heute Mauritius, eine Insel vor der Ostküste Afrikas. Was erwartet den Papst dort inhaltlich?

Vöcking: Ich glaube, Mauritius hat er vorgesehen für den interreligiösen Bereich. Hier ist die katholische Kirche in der Minderheit. Die größte religiöse Gruppe sind die Hindus, zudem leben dort Muslime und Buddhisten. Es ist wirklich eine interreligiöse Gesellschaft.

Ich denke daher, hier wird er den Aspekt der Interreligiösität in den Vordergrund stellen. Er hat immer gesagt, er wolle drei Bereiche behandeln: Die Bewahrung der Schöpfung, den Frieden und den interreligiösen Dialog. Und da ist Mauritius ganz bestimmt eine Insel, wo das eingeübt werden kann und muss. 

Das Interview führte Carsten Döpp.


Quelle:
DR
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