Dabei sagte Kyrill I. bei der Dankandacht in der Mariä-Verkündigungs-Kathedrale des Moskauer Kremls., Putin müsse als Staatschef manchmal schicksalhafte und schwerwiegende Entscheidungen treffen, die auch mit Opfern verbunden seien. Aber niemals seien "solche Entscheidungen, die zum Wohl des Volkes und des Landes getroffen wurden, von der Kirche oder vom Volk verurteilt" worden.
Göttliche Legitimierung des Krieges
Nach Ansicht von Beobachtern meinte der Patriarch damit Russlands Krieg gegen die Ukraine. Putin folge dem Beispiel des heiligen Alexander Newski (1221-1263), der Russland auf dem Schlachtfeld mutig verteidigt habe, so Kyrill I. Er sprach Putin so wie einst russischen Zaren göttliche Legitimität zu. Wörtlich sagte er: "Gott helfe Ihnen, den Dienst, den Gott selbst Ihnen anvertraut hat, weiterhin mit Liebe zum Vaterland und mit Mut fortzusetzen."
Zudem erklärte der Patriarch, es sei eine "große Gnade Gottes, dass das Oberhaupt des russischen Staates ein orthodoxer Mann ist, der sich seines Glaubens nicht schämt". Viele Russen sähen in Putin nicht nur einen erfolgreichen Politiker, "sondern auch einen sehr freundlichen, intelligenten, herzlichen Menschen". Kyrill I. wünschte ihm Kühnheit und Seelenfrieden. Putin solle in seiner Amtszeit einen Ort zum Gebet finden.
Die Kirche wird laut dem Patriarchen weiter für den Präsidenten beten, "dass der Herr Ihnen an allen Tage Ihres Lebens helfen möge, das große Vaterland, die Heilige Rus, die heute eine nicht leichte Phase ihrer Geschichte durchläuft, würdig zu führen". Das mittelalterliche Großreich Rus gilt als gemeinsamer Vorläuferstaat von Russland, der Ukraine und Belarus.
Putin entzündet Kerze und bekreuzigt sich
Putin zündete eine Kerze an und bekreuzigte sich. Am Ende der etwa 15 Minuten langen Andacht gaben sich Putin und Kyrill I. drei Wangenküsschen. Es war bereits der dritte derartige Gottesdienst, den Kyrill I. nach einer Amtseinführung Putins für eine weitere Amtszeit zelebrierte. Diesmal schenkte er ihm eine Ikone der Gottesmutter von Wladimir aus dem 17. Jahrhundert. "Sie haben alles, um diesen großen Dienst für das Vaterland lange und erfolgreich zu verrichten", so der Patriarch zum Präsidenten.
Kritik an Kyrills Unterstützung
Das russisch-orthodoxe Kirchenoberhaupt wird wegen seiner Unterstützung und Rechtfertigung des Angriffskrieges gegen die Ukraine international kritisiert. Die Parlamentarische Versammlung des Europarates gab Kyrill I. eine Mitschuld an Kriegsverbrechen. In einer Mitte April einstimmig angenommenen Resolution verurteilte sie auch einen Missbrauch der Religion durch den russischen Präsidenten und den Patriarchen.