Patriarch von Jerusalem besucht Köln

Kardinal Pizzaballa spricht in Köln über Konflikt in Israel

Am 3. Dezember 2024 besucht der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, Köln. An der KHKT wird er über den Alltag in Israel, seinen Blick auf den aktuellen Krieg und die Rolle der Kirche sprechen.

Autor/in:
Ina Rottscheidt
Kardinal Pierbattista Pizzaballa / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Kardinal Pierbattista Pizzaballa / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Kardinal Pierbattista Pizzaballa ist als Lateinischer Patriarch von Jerusalem verantwortlich für die rund 60.000 bis 70.000 römisch-katholischen Christen im Heiligen Land. Schon allein das ist ein Spagat, denn Christen leben sowohl auf israelischer als auch auf palästinensischer Seite. Und während sich palästinensische Christen sich mit der betroffenen Bevölkerung in Gaza solidarisieren, unterstützen israelische Christen eher die israelische Sicherheitspolitik, einige von ihnen sind selbst von den Angriffen der Hisbollah und der Hamas betroffen. 

Wie leben Christen unter diesen Bedingungen im Heiligen Land? Existiert der interreligiöse Dialog mit Juden und Muslimen noch? Und welche Rolle spielen die Konfessionen im aktuellen Konflikt und bei der Vermittlung zwischen Konfliktparteien? Über Jerusalem, die politischen Konflikte und religiösen Dynamiken dieser Region hält Kardinal Pizzaballa am 3. Dezember 2024 um 18 Uhr in der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) einen Vortrag mit anschließender Diskussion. 

Eingangsbereich mit Hinweisschild der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) / © Annika Schmitz (KNA)
Eingangsbereich mit Hinweisschild der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) / © Annika Schmitz ( KNA )

Titel der Veranstaltung: "Jerusalem, between vocation and reality. The present conflict seen from another perspective.” Zu deutsch: "Jerusalem zwischen Berufung und Realität. Der aktuelle Konflikt aus einer anderen Perspektive." 

Kirche schlägt sich nicht auf eine Seite

Schon vor Ausbruch des Krieges gehörte Pizzaballa zu den Kritikern der Regierung Netanjahu. Die rassistische Haltung einiger ihrer Mitglieder gefährde das zerbrechliche Gefüge der multiethnischen und multireligiösen Gesellschaft Israels, mahnte er bereits im Dezember 2022. Die politisch-religiösen Realitäten verschöben sich. Statt dem bewährten Gleichgewicht zwischen den Glaubensgemeinschaften gelte nun das Recht des Stärkeren, die christliche Minderheit drohe zum Kollateralopfer zu werden.

Klare Position bezog Pizzaballa auch nach den Massakern der Hamas in Israel am 7. Oktober 2023: "Um es klar zu sagen: Die Hamas hat barbarische Akte in Israel angerichtet." Zuvor hatte es eine Stellungnahme von Kirchenführern gegeben, in der die Verurteilung der Hamas fehlte. Dies hatte scharfe Kritik von israelischer und jüdischer Seite ausgelöst und auch die Beziehungen zwischen Judentum und Vatikan belastet. 

Zugleich kritisiert der Lateinische Patriarch auch immer wieder die humanitäre Katastrophe in Gaza: Als erster Kirchenführer war er im Mai 2024 zu einer Pastoralreise dorthin gereist. Immer wieder fordert er Dialog und Verhandlungen. Nur wenn die israelische Besatzung ende und das palästinensische Volk eine sichere nationale Perspektive bekomme, könne ein Friedensprozess beginnen, so Pizzaballas Position.

Kirche als Vermittler?

Zugleich sieht der Kardinal eine besondere Verantwortung bei den Religionsführern in Nahost, gerade jetzt, wo auch der interreligiöse Dialog in der Krise stecke. "Von wenigen Ausnahmen abgesehen, haben wir in den letzten Monaten keine Reden, Überlegungen oder Gebete von religiösen Führern gehört, die sich von denen anderer politischer oder gesellschaftlicher Führer unterscheiden", sagte Pizzaballa, als er im September 2024 bei der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda zu Gast war. 

Kardinal Pierbattista Pizzaballa (l.), Lateinischer Patriarch von Jerusalem, und Erzbischof Udo Markus Bentz, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Naher und Mittlerer Osten während der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 25. September 2024 in Fulda. / © Katharina Gebauer (KNA)
Kardinal Pierbattista Pizzaballa (l.), Lateinischer Patriarch von Jerusalem, und Erzbischof Udo Markus Bentz, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Naher und Mittlerer Osten während der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 25. September 2024 in Fulda. / © Katharina Gebauer ( KNA )

Er habe den Eindruck, jeder von ihnen spreche nur aus der Perspektive seiner eigenen Gemeinschaft, die oft gegen die jeweils andere Seite gerichtet sei. Dabei sei es gerade jetzt die Aufgabe der Religionsgemeinschaften, Räume für Dialog zu eröffnen und nach Wegen zu suchen, Konflikte zu überwinden. 

Pizzaballa besucht Köln auf Einladung der Malteser, die zusammen mit dem Lateinischen Patriarchat ein großes Hilfsprojekt im Gaza-Streifen durchführen. Auch mit dem Erzbistum Köln verbindet das Patriarchat eine jahrzehntelange Zusammenarbeit: Der Deutsche Verein vom Heiligen Lande (DVHL), dessen Präsident der Erzbischof von Köln Rainer Maria Kardinal Woelki ist, betreibt in Israel unter anderem die Dormitio-Abtei auf dem Zionsberg in Jerusalem und die Brotvermehrungskirche in Tabgha am See Genezareth. 

Kardinal Woelki mit dem lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa (EBK)
Kardinal Woelki mit dem lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa / ( EBK )

Zudem unterhält er soziale Einrichtungen, wie das Alten- und Pflegeheim Beit Emmaus im Westjordanland, die Schmidt-Schule in Ostjerusalem oder das Beit Noah, eine Begegnungsstätte für behinderte Kinder und Jugendliche am See Genezareth, die Palästinenser und Israelis zusammenbringt. 

Information: Der Vortrag von Kardinal Pierbattista Pizzaballa findet am 3. Dezember 2024 in der Aula der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) statt. Adresse: (Gleueler Str. 262-268, 50935 Köln). Beginn: 18.00 Uhr.

Lateinisches Patriarchat von Jerusalem

Das Lateinische Patriarchat von Jerusalem betreut die rund 60.000 bis 70.000 römisch-katholischen Christen im Heiligen Land. Seine Jurisdiktion erstreckt sich über das Staatsgebiet von Israel, Jordanien, Zypern und die Palästinensischen Gebiete. Die Ursprünge des Patriarchats liegen in der Zeit der Kreuzfahrer, die sich als "Lateiner" bezeichneten. Es erlosch jedoch mit dem Fall Akkos 1291. Im Jahr 1847 belebte Papst Pius IX. das Patriarchat neu.

Blick auf Jerusalem / © Kyrylo Glivin (shutterstock)
Quelle:
DR