Patriarch zieht Unterstützung für Ukraine-Kommunique zurück

Übte Türkei politischen Druck aus?

Mit dem Ukraine-Gipfel in der Schweiz sind Friedenshoffnungen verbunden. Doch die Abschlusserklärung wurde nicht von allen unterschrieben. Ein wichtiger Akteur musste seine Unterschrift nun sogar zurückziehen.

Bartholomaios I. / © Corinne Simon (KNA)
Bartholomaios I. / © Corinne Simon ( KNA )

Auf Druck der türkischen Regierung hat der orthodoxe Patriarch von Konstantinopel die Unterstützung für die Abschlusserklärung des Ukraine-Friedensgipfels in der Schweiz zurückgezogen.

Wie das Portal "Orthodox Times" am Mittwochabend berichtete, hatte die Türkei zunächst eine Klärung der Unterzeichnung durch Bartholomaios I. erbeten. Bereits am Mittwoch wurde die Liste der unterzeichnenden Staaten auf der Website des Schweizer Außenministeriums aktualisiert.

Wolodymyr Selenskyj bei der Plenarsitzung des Gipfels zum Frieden in der Ukraine / © Urs Flueeler/KEYSTONE/EDA/POOL (dpa)
Wolodymyr Selenskyj bei der Plenarsitzung des Gipfels zum Frieden in der Ukraine / © Urs Flueeler/KEYSTONE/EDA/POOL ( dpa )

Ein Sprecher des türkischen Außenministeriums erklärte laut "Orthodox Times", dass die Unterschrift des "griechischen Patriarchats" (wie die Türkei das Ökumenische Patriarchat nennt, Anm.) zunächst nicht vorhanden gewesen sei. Die Unterschrift des als Beobachter an der Konferenz teilnehmenden Patriarchats sei einige Tage nach Abschluss der Veranstaltung in die gemeinsame Erklärung des Gipfels aufgenommen worden.

"Nach der Intervention des Außenministeriums sahen sich die schweizerischen und ukrainischen Behörden gezwungen, eine überarbeitete Liste ohne Unterschrift des Patriarchats herauszugeben", sagte der türkische Sprecher weiter.

Patriarchat kein diplomatischer Akteur

Hintergrund dürfte aus Sicht von Beobachtern sein, dass die Türkei das Ökumenische Patriarchat mit Sitz in Istanbul nicht als diplomatischen Akteur auf internationaler Bühne verstanden wissen möchte. Patriarch Bartholomaios I. ist Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie.

Symbolbild Mann mit türkischen Fahnen / © Alexandros Michailidis (shutterstock)
Symbolbild Mann mit türkischen Fahnen / © Alexandros Michailidis ( shutterstock )

Insgesamt hatten nach der Konferenz auf dem Schweizer Bürgenstock am 15. und 16. Juni mehr als ein Dutzend der 100 teilnehmenden Staaten und internationalen Organisationen eine Unterstützung der Gipfelerklärung abgelehnt. Dazu zählten Indien, Brasilien, Saudi-Arabien und Südafrika. 83 Delegationen unterschrieben hingegen nach Angaben der Schweizer Regierung das gemeinsame Kommunique, darunter auch Serbien, das traditionell gute Beziehungen zu Russland unterhält, sowie Ghana und Argentinien. Der als Beobachter teilnehmende Heilige Stuhl unterzeichnete die Erklärung nicht.

Im Fokus der Erklärung stand die Sicherheit der ukrainischen Atomkraftwerke, der Schutz von Handelsschiffen und zivilen Häfen vor Angriffen sowie der Austausch aller Kriegsgefangenen und die Rückkehr aller von Russland verschleppten ukrainischen Kinder.

Ökumenisches Patriarchat von Konstantinopel

Das Ökumenische Patriarchat in Istanbul ist geistliches Zentrum der orthodoxen Christenheit und repräsentiert rund 220 bis 300 Millionen Christen in aller Welt. Der Überlieferung zufolge gründete der Apostel Andreas den Bischofssitz von Byzantion, dem heutigen Istanbul. Die Residenz des Patriarchats wird nach dem Stadtviertel, in dem sie sich befindet, kurz Phanar (Fener) genannt.

Blick auf Istanbul mit dem Galataturm (m.) / © Hassan Jamal (KNA)
Blick auf Istanbul mit dem Galataturm (m.) / © Hassan Jamal ( KNA )
Quelle:
KNA