In der Schweiz haben sich am Samstag Vertreter von 100 Staaten und internationalen Organisationen zu einer Friedenskonferenz für die Ukraine versammelt. Unter ihnen sind die Präsidenten Frankreichs und der Ukraine, Emmanuel Macron und Wolodymyr Selenskyj, US-Vizepräsidentin Kamala Harris, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Chefin der EU-Kommission Ursula von der Leyen (CDU). Russland und China fehlen, Indien, Saudi-Arabien, Südafrika, Argentinien, Brasilien und Indonesien sind hingegen dabei, teils nur mit Gesandten.
Die Gastgeberin der Konferenz, die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd, sagte am Samstagnachmittag bei einem gemeinsamen Pressetermin mit Selenskyj in einem Nobelhotel auf dem Bürgenstock im Kanton Nidwalden, man werde bei dem Treffen "nicht den Frieden für die Ukraine verhandeln oder gar verkünden können, aber wir wollen einen Prozess für einen gerechten und dauerhaften Frieden inspirieren und konkrete Schritte in diese Richtung unternehmen". Die internationale Gemeinschaft könne dazu beitragen, "das Terrain für direkte Gespräche zwischen den Kriegsparteien vorzubereiten, dafür sind wir hier".
Den Krieg nie gewollt
Russlands Angriff auf die Ukraine verletzt laut Amherd aufs Schwerste die Charta der Vereinten Nationen. Die Menschen in den Kriegsgebieten erlebten seit knapp zweieinhalb Jahren "unermessliches Leid", so die Bundespräsidentin. "Die Erosion des Respekts für das internationale Recht schadet nicht nur ihnen, sondern auf Dauer allen", sagte Amherd.
Die Schweiz richtet die Konferenz auf Bitten der Ukraine aus. Deren Staatschef Selenskyj sagte: "Ich glaube, dass wir Zeugen davon sein werden, wie hier bei diesem Gipfel Geschichte geschrieben wird." Sein Land habe den Krieg nie gewollt, "nur Putin wollte den Krieg", sagte Selenskyj. Im Mittelpunkt der Gespräche sollen laut der Schweizer Bundespräsidentin die Sicherheit der ukrainischen Atomkraftwerke, Getreideexport über das Schwarze Meer und humanitäre Fragen stehen.
Friedensgebet in die Peterskapelle
An der bis Sonntag dauernden Konferenz beteiligt sich auch der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I. Das Ehrenoberhaupt der orthodoxen Kirchen hatte Russlands Überfall auf die Ukraine mehrfach scharf verurteilt. Für den Vatikan nimmt als Beobachter Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin teil, Chefdiplomat des Heiligen Stuhls und protokollarisch zweithöchster Amtsträger der katholischen Kirche nach Papst Franziskus. Am zweiten Konferenztag werden ab 11 Uhr im Kanton Nidwalden die Glocken aller katholischen und reformierten Kirchen acht Minuten lang läuten. So wolle man "symbolisch auch etwas zum Friedensfindungsprozess beitragen", erklärte die Justiz- und Sicherheitsdirektorin des Kantons, Karin Kayser-Frutschi.
Die katholische Schweizer Bischofskonferenz und die evangelische Kirche des Landes luden am Samstagmittag zu einem Friedensgebet in die Peterskapelle in Luzern ein. Die Stadt liegt nicht weit vom Konferenzort. Der Basler Bischof Felix Gmür und der reformierte Pfarrer Martin Hirzel gaben in ihrem gemeinsamen Gebet der Hoffnung Ausdruck, dass Versöhnung und gerechter Frieden möglich werden. Die Konferenzteilnehmer sollten finden, "was allen dient, so dass der Frieden eine Chance bekommt". Sie erinnerten an die "weltverändernde Macht der Feindesliebe".