DOMRADIO.DE: Bei pax christi ist der Name Programm. Den Friede Christi - wie wollen Sie den erreichen?
Peter Heim (Förderverein für Friedensarbeit von pax christi im Erzbistum Köln): Das sind im Grunde genommen zwei Standbeine. Das eine ist die spirituelle Arbeit von pax christi durch Friedensgottesdienste, zum Beispiel am 1. Januar haben wir wieder einen Friedensgottesdienst im Kölner Dom. Aber auch in Gemeinden sind wir aktiv und versuchen hier das ein oder andere zu erreichen.
In Brühl, Bonn, Erftstadt, Köln, Düsseldorf haben wir unsere Gruppen und sind da aktiv. Und wir haben den Diözesanverband, der hier überregional über die Städte hinaus im Diözesanrat mitarbeitet, in den Ausschüssen, zum Beispiel in Köln im Katholikenausschuss.
Das zweite Standbein ist die politische Arbeit, die eng miteinander verknüpft ist, dass wir versuchen, uns in den Diskurs einzubringen, in die Gespräche, zum Teil alleine, zum Teil mit Justitia et Pax, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Und natürlich auch in Bündnissen, dass wir durch Demonstrationen und durch Presseerklärungen auf die Problematiken aufmerksam machen.
DOMRADIO.DE: Problematiken, die wir aus den Medien kennen. Waffenlieferungen sind nicht erst seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ein Thema, seitdem aber ein größeres und präsenteres, auch weil die deutsche Bundesregierung darüber diskutiert. Um Frieden zu erreichen, lehnt pax christi Waffen ab. Sind sich da alle, die bei Ihnen mitmachen und die jetzt auch in Altenberg zusammenkommen, einig?
Heim: Die Thematik ist ja sehr kompliziert. Wir haben ein Land, das angegriffen wurde, ein Land, das sich verteidigt und sich am Anfang für Kriegshandlungen oder Abwehrhandlung entschieden hat. Also keine soziale Verteidigung, kein gewaltfreier Widerstand. Das ist eine Dynamik, die losgegangen ist und jetzt stecken wir mitten drin. Es gibt bei uns eine Kommission Östliches Europa, wir sind im Austausch mit Menschen in der Ukraine. Und natürlich gibt es auch Versuche, in Russland Kontakte zu knüpfen.
Die andere Schiene ist allerdings auch eine Kommission für gewaltfreies Handeln. Dann gibt es eine Kommission Friedenspolitik. Das Ganze muss miteinander ins Gespräch gebracht werden. Wir haben da einen längeren Dialogprozess hinter uns gebracht und die Stellungnahme, die jetzt in Altenberg auf dem Tisch liegt, ist der Versuch, das miteinander zu verbinden. Die Tendenz muss klar sein: Wir müssen immer wieder über Frieden reden und nicht immer wieder über Waffen.
Das ist zwar auch verständlich, aber die Überschrift muss immer sein: Wir wollen Frieden und wir wollen Versöhnung. Und wir wollen gleichzeitig versuchen, die Menschenrechte zu achten und zu unterstützen. Das muss oberste Priorität werden.
Wir sind schließlich gegründet worden nach dem Krieg im Zuge der Aussöhnung mit Frankreich. Die französischen Bischöfe haben uns die Hand gereicht. Der polnische Versöhnungsprozess ist gelaufen, und auch da war pax christi involviert. Die Bergpredigt ist im Grunde genommen unser zentrales Dokument, und darauf aufbauend versuchen wir eben, unsere Arbeit zu gestalten.
DOMRADIO.DE: Wenn Sie sich in aktuellen Debatten um Waffenlieferungen, um eine deutsche militärische Beteiligung oder eine Aufrüstung der Bundeswehr kritisch zu Wort melden, müssen Sie mit Anfeindungen rechnen. Wie ergeht es Ihnen damit?
Heim: Ja, das kommt immer darauf an, in welchem Umfeld wir uns bewegen. Ich meine, diese Diskreditierung von Menschen als Pazifisten ist ja in sich schon sehr verrückt. Denn wenn wir pax christi sind, steckt das Wort ja schon darin. Also wir sind Christi Pazifisten und Pazifistinnen, vom Wortname her schon.
Natürlich gibt es Kritik und natürlich tun wir uns manchmal schwer. Wenn ich mit ukrainischen Menschen spreche, dann versuche ich das natürlich auch entsprechend zu vermitteln. Ihre Haltung ist absolut nachvollziehbar in der aktuellen Situation, dass das Land sich schützen will. Aber es ist natürlich auch gleichzeitig wichtig, dass der Gedanke des Friedens als Perspektive nicht verloren geht.
Und der Krieg hat jetzt so ein Momentum erreicht. Es wird ja fast nur noch in den Medien über diese Frage geredet und das Wort Frieden kommt einem ja schon fast vor wie ein Unwort. Das ist unser Auftrag. Und das sollte eigentlich auch der Auftrag der gesamten Kirche sein. Da ist ja Papst Franziskus relativ deutlich und wir sind in seiner Nachfolge sozusagen.
Manche Äußerungen von Politikerinnen und Politikern sind zum Teil sehr unsachlich. Es ist ja nicht so, dass wir da Menschen im Stich lassen wollen, sondern wir wollen einfach immer wieder darauf hinweisen, dass das eigentliche Ziel ja ein ganz anderes ist. Wir haben so viele Menschheitsprobleme zu bewältigen. Da ist es natürlich totaler Wahnsinn – wir können uns die Kriege, nicht nur in der Ukraine, sondern auch im Gazastreifen, in Nahost, im Sudan, wo viele Christinnen und Christen leben, im Prinzip gar nicht leisten. Das müsste auch immer wieder gesagt werden.
DOMRADIO.DE: Im Frühjahr hatten die deutschen Bischöfe bei ihrer Vollversammlung unter dem Titel "Friede diesem Haus" ein neues Friedenswort veröffentlicht. Kann das eine Hilfe, eine Anleitung dafür sein, wie Christinnen und Christen sich verhalten können, um für den Frieden einzustehen?
Heim: Die Geschichte dieses Friedenswortes ist, dass es sozusagen eine Erweiterung ist. Es ist ja ein sehr langes Wort geworden ausgehend von "Gerechter Friede", wozu es schon frühere Stellungnahmen gibt. Das ist schon hilfreich. Der Pazifismus wird ja auch sehr positiv erwähnt. Die Bischöfe haben das Problem, dass sie in gewisser Weise auch die gesellschaftlichen Querschnitt repräsentieren.
Aber insgesamt ist die Stoßrichtung so ähnlich wie bei pax christi, dass man alles tun muss, damit der Frieden erreicht wird. Es ist ein bisschen ambivalent an einzelnen Stellen. Es ist auch sehr kritisiert worden. Wir haben uns da als pax christi auch eingesetzt und haben eine Stellungnahme vom Runden Tisch Frieden hier in Köln an die Bischofskonferenz und an deren Vorsitzenden, Bischof Bätzing, geschickt.
Wir haben den Herrn Stobbe, der das Papier mit vorbereitet hat, eingeladen, hier an den Runden Tisch Frieden in der Diözese zu kommen und haben den Austausch gesucht und mit dem Diözesanrat zusammen einen Flyer aufgelegt, den jeder bei pax christi beziehen kann. Wir haben eine Homepage, die das so darstellt. So haben wir uns versucht einzubringen, damit das Bischofswort eben die Bergpredigt stark in den Blick nimmt. Das ist zum Teil auch gelungen.
DOMRADIO.DE: Als Organisation stehen Sie in der Gesellschaft weltweit in einer Situation mit Kriegen, die in der jüngsten Vergangenheit zugenommen haben, und in der katholischen Kirche in einer Krise. Was wünschen Sie sich, wie es angesichts dieser Lage mit pax christi weitergehen soll?
Heim: Die Situation ist gespalten. Auf der einen Seite sind wir in einer Krise, aber auf der anderen Seite sind wir nie so herausgefordert wie jetzt. Pedro Arrupe, früherer Jesuitengeneral, sagte mal: Wir sind ein Boot, wir sind auf dem Meer und wir waren noch nie so ungesichert. Das liegt jetzt 40 Jahre zurück. pax christi gibt es weiter, die katholische Kirche gibt es weiter.
Diese spirituelle Grundlage, dieses Geistliche als Grundlage dieser Arbeit ist immer weiter Hoffnungszeichen, unabhängig von Skandalen. Das kann uns keiner nehmen und wir werden meines Erachtens immer wichtiger. Auf der anderen Seite steht die Friedensarbeit, weil die Gesellschaft eine Orientierung braucht.
Daran arbeiten wir mit Friedensarbeit, unserem Förderverein, den wir auf der Homepage auch niedergelegt haben. Da sammeln wir Spenden, wir wollen einen Friedensarbeiter oder eine Friedensarbeiterin einstellen und appellieren an die Hörerinnen und Hörer, vielleicht auch auf unsere Homepage zu schauen. Da gibt es einige Informationen über das, was wir machen.
Das Interview führte Katharina Geiger.