DOMRADIO.DE: Was haben Sie von dem Unwetter und den Überschwemmungen mitbekommen?
Pfarrer Achim Kunze (Seelsorger in Costa Blanca): Wir haben zunächst das mitbekommen, was man in Deutschland auch sieht. Dazu kommen die sozialen Medien, in denen viele davon berichten. Menschen, die es direkt miterlebt haben, haben uns auch davon erzählt. Wir sind hier relativ safe, haben zwar auch sehr viel Regen gehabt. Aber das ist sehr normal im Herbst, dass hier richtige Regenfälle runterkommen müssen, auch wegen der Landwirtschaft und wegen der Staudämme und so weiter. Das war alles hier bei uns im Rahmen.
DOMRADIO.DE: Wie waren die Reaktionen in Ihrer Gemeinde auf das, was da gerade rund um Valencia passiert ist?
Kunze: Sehr unterschiedlich, von ganz großer Betroffenheit bis hin zur Angst, weil es so etwas hier auch schon mal vor Jahren gegeben hat. Es ist wie so ein Trauma wenn man so etwas schon einmal erlebt hat in einer Region. Bei jedem großen Regenfall hat man Befürchtungen und ist dann sehr vorsichtig, lässt lieber das Auto zu Hause. Das, was die Menschen von Valencia mitbekommen haben, vor allen Dingen über Verwandte oder Freunde, sorgt für Tränen in den Augen und große Betroffenheit, aber auch große Hilfsbereitschaft.
DOMRADIO.DE: Wir haben auch wieder die verheerenden Bilder der Naturkatastrophe 2021 bei uns vor Augen. Da gab es eine Welle der Hilfsbereitschaft aus der Bevölkerung. Wie ist das bei Ihnen?
Kunze: Von der Gemeinde aus sind es vor allem Institutionen, aber auch die benachbarte Baptistengemeinde hat gleich etwas organisiert. Den Aufruf geben wir weiter, dort werden Sachspenden gesammelt. Gestern ist schon der erste Lastwagen in die Region gefahren. Dazu hat jede Organisation auch Spendenkonten eingerichtet. Sowohl die Spendenfreudigkeit, als auch die Bereitschaft zu helfen, ist sehr hoch. Einzelne sagen: Ich kann nicht zum Gottesdienst gehen, ich muss jetzt losfahren.
Bis zu 50.000 Menschen haben sich im Süden von Valencia gesammelt und wurden dann mit Bussen in diese Einsatzgebiete gebracht. Jetzt wird dazu aufgerufen, mehr Eimer und Schaufeln zu spenden. Man will auch schon weiterdenken, wenn die Betroffenen wieder in ihre Wohnungen können und wieder Strom haben, dann brauchen sie Kühlschränke und Waschmaschinen.
DOMRADIO.DE: Wie reagiert die Kirche in Spanien in dieser Lage?
Kunze: Die Caritas ist hier sehr aktiv. Aber auch alle anderen Gemeinden helfen mit, wie es nur geht und rufen dazu auf. Die Solidarität in der Zivilgesellschaft ist sehr stark. Es hilft den Menschen vor Ort, dass viele immer wieder nachfragen. Alte Freunde suchen auf einmal wieder den Kontakt. Das ist ganz wichtig, dass man das aufrechterhält in solchen Situationen, dass man aneinander festhält. Das ist auch eine ganz wichtige Funktion von Kirche, dass wir die Gemeinschaft wieder fördern und miteinander im Gespräch bleiben.
DOMRADIO.DE: Am Wochenende gab heftige Regenfälle auf Mallorca. Es gibt auch bei Ihnen Unwetterwarnungen. Wie groß ist die Sorge in der Region, dass so etwas künftig häufiger tatsächlich vorkommt?
Kunze: Unterschiedlich, es gibt die Leute, die wissen, dass das etwas mit dem Klimawandel zu tun hat, in dem wir mittendrin stecken. Ob das dazu ausreicht, sich politisch anders zu entscheiden, das ist eine andere Frage. Das ist in unserer Gesellschaft in Deutschland genau das gleiche Problem. Sind die Katastrophen einfach hinnehmbar oder sind sie ein Warnhinweis, sich um unseren Planeten zu kümmern? Das ist die Frage.
Das Interview führte Carsten Döpp.