Pfarrer Frings getroffen von Schweinepriester auf Mottowagen

"Man muss auch das Grobe aushalten"

Eine Bischöfin und männliche Geistliche als Schweine zeigt ein Motivwagen des Kölner Rosenmontagszugs. Der Wagen bringt es auf einen Punkt, der weh tut, so der Kölner Pfarrer Frings.

Karnevalswagen / © Alexander Foxius (DR)
Karnevalswagen / © Alexander Foxius ( DR )

DOMRADIO.DE: Der Wagen kommt vom Team Kritzelköpp. Es geht um die Zukunft der katholischen Kirche. Die Idee dahinter ist eine katholische Bischöfin, die den Klerus für mehrere Jahre wegsperrt. Wie finden Sie diesen Wagen?

Pfarrer Thomas Frings als Sitzungspräsident / © Thomas Frings (privat)
Pfarrer Thomas Frings als Sitzungspräsident / © Thomas Frings ( privat )

Thomas Frings (Priester und Sitzungspräsident der Kölner Karnevalsgesellschaft "Die Große von 1823 e.V."): Ich habe ihn gesehen und meine Reaktion war, das zu sehen tut weh. Aber der Schmerz wird nicht durch den Wagen verursacht, sondern was der Wagen bezeichnet. Damit sind wir schon mitten in der Diskussion von Kirche und Missbrauch und allem. Denn er beschreibt etwas, das tatsächlich da ist. Es tut allerdings auch weh, wenn eine ganze Berufsgruppe so dargestellt wird. Ich muss einfach sagen, nicht alle Priester sind Schweine, es ist sogar nur eine ganz kleine Gruppe, die uns allerdings fürchterlich in Misskredit gebracht hat. Die meisten sind gut drauf.

DOMRADIO.DE: Kritik an der Kirche vor allem mit Blick auf die vielen Missbrauchsskandale ist sicherlich absolut legitim. Aber es handelt sich doch um eine Verallgemeinerung, die man vielleicht ungerne hinnimmt, wenn man selber diesen Beruf ausübt. Muss man Priester und Bischöfe generell als Schweine darstellen?

Thomas Frings (Priester und Sitzungspräsident der Kölner Karnevalsgesellschaft "Die Große von 1823 e.V.")

"Er bringt es auf einen Punkt, der wehtut. Und wir müssen es aushalten."

Frings: Nein, muss man nicht. Allerdings glaube ich, dass man das hinnehmen muss. Der Karneval ist jetzt häufig auch etwas grob Geschnitztes. Wir haben manche Redner dazwischen, die sehr fein drechseln können in ihren Reden. Aber man muss auch das Grobe aushalten. Gerade diese Motivwagen sind welche, die es auf einen einzigen Punkt bringen müssen. Das ist die Herausforderung dieses Wagens. Sonst muss er nicht losfahren, wenn er drumherum laviert. Er bringt es auf einen Punkt, der wehtut. Und wir müssen es aushalten.

Karnevalswagen mit Kardinälin / © Alexander Foxius (DR)
Karnevalswagen mit Kardinälin / © Alexander Foxius ( DR )

DOMRADIO.DE: Den Begriff "Schweinepriester" hat wahrscheinlich jeder schon mal gehört. Den gibt es schon seit dem 19. Jahrhundert. Aber Darstellungen, bei denen die Menschen entmenschlicht und zu Tieren gemacht werden sind generell eher schwierig, oder? Wie beurteilen Sie das?

Frings: Die sind schwierig, aber jetzt reden Sie mit einem, der als ein solcher dargestellt wird. Und wenn der sich dann dagegen wehrt, hat das immer so ein bisschen was "Geschmäcklerisches", der muss sich ja dagegen wehren. Überzeugender ist es, wenn Nicht-Priester sagen würden, das finden wir jetzt eine Spur zu stark. Wenn ich es sage, wenn meine Berufsgruppe das sagt, ist das immer schwierig, finde ich.

Thomas Frings (Priester und Sitzungspräsident der Kölner Karnevalsgesellschaft "Die Große von 1823 e.V.")

"Wenn eine Institution, die für den Glauben steht, ihre Glaubwürdigkeit verloren hat, dann hat sie ihren Wesenskern fast verloren."

DOMRADIO.DE: Auf der anderen Seite darf man sich als Institution wahrscheinlich auch nicht wundern, wenn man satirisch aufgegriffen wird. Drückt der Wagen jetzt nur das aus, was in der Gesellschaft zu gelten scheint, nämlich dass die Kirche viel an Ansehen verloren hat?

Frings: Absolut. Und wenn eine Institution, die für den Glauben steht, ihre Glaubwürdigkeit verloren hat, dann hat sie ihren Wesenskern fast verloren. Jetzt heißt es natürlich immer, wir müssen das zurückgewinnen. Ich kenne Gott sei Dank sehr viele Mitbrüder, die sich redlich darum bemühen, sich nichts haben zu Schulden kommen lassen und die keine Schweinepriester sind, sondern gute Priester.

DOMRADIO.DE: Sie sind selber auch aktiver Karnevalist. Gibt es für Sie Grenzen auch bei Büttenreden oder Motivwagen, die man nicht überschreiten sollte oder darf?

Frings: Da kommt immer wieder der Satz, was darf Satire? Alles. Wenn wir anfangen, Grenzen aufzuzeigen, wird es schwierig, die einzuhalten. Ich habe persönlich noch keine ausschweifenden Verletzungen erlebt. Ich habe Grenzen erlebt. Ich habe auch gemerkt, dass Punkte dabei sind, wo es verdammt weh tut. Aber ich habe noch nicht einen Moment gehabt, wo ich gesagt habe, das verbitte ich mir, das möchte ich nicht. Den habe ich noch nicht erlebt.

DOMRADIO.DE: Können Sie sich vorstellen, dass dadurch, dass es so auf den Punkt gebracht wird, man auch ins Gespräch, in die Diskussion kommt und man auch letzten Endes vielleicht was Positives bewegen kann, wenn das so plakativ dargestellt wird?

Thomas Frings (Priester und Sitzungspräsident der Kölner Karnevalsgesellschaft "Die Große von 1823 e.V.")

"Den Missbrauch gibt es in der Gesellschaft, den gibt es nicht nur in der Kirche, den gibt es nicht nur durch Priester. Nur sind wir eine Institution, deren Fallhöhe die höchste ist und deren Aufprall am lautesten ist."

Frings: Das wäre auf jeden Fall zu hoffen! Es ist immer wieder schwierig, wenn ein Priester selbst das sagt. Aber den Missbrauch gibt es in der Gesellschaft, den gibt es nicht nur in der Kirche, den gibt es nicht nur durch Priester. Nur sind wir eine Institution, deren Fallhöhe die höchste ist und deren Aufprall am lautesten ist und die als Institution dingfest zu machen ist. Das geht bei den Lehrern oder bei dem Sport einfach nicht. Deswegen müssen wir das aushalten. Es wäre gut, wenn die Gesellschaft nicht als erstes die Kirche in den Blick nimmt, sondern den Missbrauch, und zwar den ganzen Missbrauch.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Karneval

Die "närrischen Tage" vor der am Aschermittwoch beginnenden Fastenzeit haben verschiedene Namen: Das meist in ursprünglich katholischen Gebieten veranstaltete Brauchtum heißt im Rheinland Karneval, in Mainz und Umgebung Fastnacht, im schwäbisch-alemannischen Gebiet Fasnet. Fosnat nennen es die Franken, im bayrisch-österreichischen Raum wird Fasching gefeiert. Seit dem zwölften Jahrhundert ist das Wort "Fastnacht" im Mittelhochdeutschen bekannt. Das Wort Karneval stammt wahrscheinlich vom Italienischen "carne vale", was "Fleisch, lebe wohl" bedeutet.

So farbenfroh sind die Düsseldorfer Jecken  / © Federico Gambarini (dpa)
So farbenfroh sind die Düsseldorfer Jecken / © Federico Gambarini ( dpa )
Quelle:
DR