DOMRADIO.DE: USAID fördert seit über 60 Jahren Programme gegen Hunger, für Gesundheit und Bildung in vielen Ländern der Welt, auch in Afrika. Inwiefern ging es dabei auch um die Arbeit im Bereich HIV und AIDS?

Stefan Hippler (Pfarrer, AIDS-Aktivist und Gründer der Hilfsorganisation HOPE Cape Town in Südafrika): Es ging hauptsächlich um die Arbeit im Bereich HIV/Aids und um Gesundheit insgesamt. Wenn man sich die Kürzungen beziehungsweise die Einstellung der Auslandshilfe anschaut, dann sind 17 Prozent der HIV-Programme in Südafrika nicht mehr finanzierbar. Übersetzt würde das heißen, dass mehr als 15.000 Menschen ihren Job in Südafrika in diesem Bereich verlieren. Das ist natürlich eine Katastrophe.
DOMRADIO.DE: Sind die Auswirkungen schon jetzt sichtbar?
Hippler: Die Auswirkungen sind jetzt schon sichtbar, weil auf einmal Unsicherheit herrscht. Gelder kommen nicht unbedingt richtig rein, man weiß nicht, wann kommt überhaupt noch was? Wie lange wird wirklich bezahlt? Das sind alles Fragen, die die Menschen verunsichern und verunsicherte Menschen machen schlechte Jobs.
DOMRADIO.DE: Man konnte gelesen, dass es um 50 Milliarden Euro geht, die die US-Auslandshilfe jedes Jahr ausgegeben hat. Aber es geht um noch viel mehr, oder?
Hippler: 260 Millionen Dollar sind es, die insgesamt von Amerika nach Südafrika im Gesamtbereich Entwicklungshilfe gehen. Und 89 Prozent davon sind jetzt quasi gestrichen worden. Das sind richtige Summen.
DOMRADIO.DE: In drei Monaten soll es gar keine USAID mehr geben, das endgültige Aus ist am 1. Juli. Heißt das gleichzeitig, dass es mit den USA auch überhaupt keine Entwicklungszusammenarbeit mehr geben wird?
Hippler: So sieht es momentan aus. Wir wissen es nicht. Man weiß ja nie, wie der amerikanische Präsident reagiert und wie oft er eine Wende hinlegt. Wir wissen aber, dass diese Einschnitte in der Finanzierung schlicht und ergreifend Tote zur Folge haben werden. Es gibt eine Zahl, die da in den Ring geworfen wurde, dass nur wegen dieser Kürzungen in der nächsten Dekade über 600.000 Menschen mehr zum Beispiel an HIV sterben werden.
DOMRADIO.DE: Sie sind auf der ganzen Welt unterwegs für Fundraising, um Geld für Ihr Projekt zu sammeln, für Ihre Hilfsorganisation Hope Cape Town. Bislang waren Sie auch immer in den USA unterwegs.
Hippler: Das ist richtig. Ich war noch vor den Wahlen in Amerika gewesen. Wir haben eine kleine Organisation im texanischen Dallas, Hope Cape Town USA. Aber das stelle ich momentan ein. Auch die Direktoren dieser Organisationen sind derzeit mit anderen Dingen beschäftigt. Es herrscht eine Schockstarre in Amerika. Von daher lassen wir das vorerst sein und warten ab, wie sich die Dinge weiterentwickeln.
DOMRADIO.DE: Glauben Sie, dass Südafrika die fehlenden Hilfen irgendwie kompensieren kann?
Hippler: Momentan denke ich nicht, dass wir die fehlenden Hilfen kompensieren können. Das Staatsbudget ist eine Katastrophe. Die Verschuldung ist riesengroß. Trotzdem möchte ich sagen, dass diese Situation auch eine Chance ist. Wir haben bereits in der ersten Amtszeit von Trump gesehen, wie schnell sich Dinge ändern können. Südafrika sowie Afrika insgesamt werden sich nicht nur auf andere verlassen können. Sie müssen selber das tun, was zu tun ist.
Das ist eine Mahnung, die Sachen endlich in die richtige Richtung bewegen zu können, zu müssen und zu dürfen.
Das Interview führte Tobias Fricke.