Pilgerexpertin erzählt Geschichten berühmter Pilgerinnen

"Sie durften nicht einfach losziehen"

Wie und zu welchen heiligen Stätten pilgerten eigentlich Frauen im Mittelalter? Und was haben sie dort erlebt? Und wer war eigentlich diese Birgitta von Schweden, nach der so viele Pilgerwege benannt wird? Das erklärt Beate Steger.

Autor/in:
Lara Burghardt
Symbolbild Pilgerin in Santiago de Compostela / © Soloviova Liudmyla (shutterstock)
Symbolbild Pilgerin in Santiago de Compostela / © Soloviova Liudmyla ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Gab es spezifische Herausforderungen, denen sich Frauen bei Pilgerreisen stellen mussten? 

Beate Steger (DR)
Beate Steger / ( DR )

Beate Steger (Autorin und Pilgerexpertin): Sie durften nicht einfach losziehen. Vor allem, wenn sie aus der normalen Bauernschicht kamen, war das nicht einfach. Man konnte nicht einfach Haus und Hof verlassen und sich auf den Weg machen. Es gibt schöne historische Romane zum Thema "Pilgern im Mittelalter". Da wird auch immer erwähnt, dass sie irgendwelche Tricks anwenden mussten, um sich auf den Weg machen zu können. Teilweise mussten sie sich als Männer verkleiden, um pilgern gehen zu können.

DOMRADIO.DE: Birgitta von Schweden hat im 14. Jahrhundert eine bedeutende Pilgerreise unternommen. In Deutschland ist ein Pilgerweg nach ihr benannt. Was hat diese Frau erlebt? 

Steger: Sie war verheiratet, hat acht Kinder geboren und ich habe mich beim Lesen gefragt, was sie denn auf der Pilgerreise mit ihren Kindern gemacht hat. Zuerst ist sie mit ihrem Mann zum Nidarosdom in Trondheim auf dem bekannten Olavsweg gepilgert - auf dem war ich auch schon - zur Grabstätte des Heiligen Olav und danach noch nach Santiago de Compostela gegangen.

Nachdem ihr Mann gestorben war, ging sie ins Kloster und ist nach Rom gereist, hat viele weitere Pilgerreisen unternommen und dann den Erlöserorden gegründet. Von diesem Orden gibt es auch ein Birgitta-Kloster, das am Olavsweg liegt. Da habe ich auch schon übernachtet. Die Schwestern kochen hervorragend und es gibt viele Zimmer. Viele Pilger haben sich was von ihr abgeschaut und deswegen gibt es heute verschiedene Birgittawege, nicht nur in Schweden, auch in Deutschland.

Beate Steger

"Wenn man sich das auf der Karte anschaut, sieht man, dass sie da einen großen Umweg gemacht hat."

DOMRADIO.DE: Wie war es denn für adelige Frauen im 16. Jahrhundert zu pilgern? Wie zum Beispiel für die Herzogin von Innerösterreich, Maria Anna?

Steger: Sie war in Spanien unterwegs und hat dann zum Beispiel beschlossen, sie möchte noch einen Halt in Loreto in Italien einlegen, weil da das Eltern- und Geburtshaus der Muttergottes stehen soll. Wenn man sich das auf der Karte anschaut, sieht man, dass sie da einen großen Umweg gemacht hat, oder sie ist zwischendurch auf ein Schiff umgestiegen. Ich denke, für sie war das kein so großes Problem, auf dem Heimweg von Spanien nach Österreich da noch einen Halt in dem angeblichen Geburtshaus einzulegen.

DOMRADIO.DE: Mariazell liegt auch in Österreich und war ein wichtiger Wallfahrtsort für die Habsburger, eine der mächtigsten und einflussreichsten europäischen Dynastien damals. Was machte diesen Ort für Pilgerinnen so besonders? 

Steger: Die Habsburger haben die Muttergottes sehr verehrt. Sie hatten die Vorstellung, dass die Gottesmutter ihnen den Sieg über die Türken geschenkt hat. Cimburgis von Masowien war Polin. Sie gilt als die Stammmutter der neuzeitlichen Habsburger und sie war eine begeisterte Pilgerin. Sie ist nach Mariazell gepilgert und auf einer Wallfahrt dorthin auch verstorben.

Die spätere Kaiserin Maria Theresia war in Mariazell gewesen. Sie ist 1717 geboren und war auf ihrer Hochzeitsreise in Mariazell. Sie muss so ergriffen gewesen sein, dass sie ihr Hochzeitskleid Mariazells Gnadenmutter geschenkt hat. Ich weiß gar nicht, ob das heute noch da zu sehen ist, aber das war wirklich etwas Besonderes.

Das Interview führte Lara Burghardt.

Pilgerseelsorge in Santiago de Compostela

Alle Seelsorgerinnen und Seelsorger werden zur Vorbereitung auf ihren Einsatz in Santiago de Compostela an einem Wochenende geschult und nehmen nach ihrem Einsatz an einem Auswertungstreffen teil.

Voraussetzungen für die Mitarbeit sind: Sprachkenntnisse in Spanisch, Pilgererfahrung nach Santiago, eine gute Bindung an die katholische Kirche, persönliche Motivation und spirituelle Offenheit, Teamfähigkeit und Dialogfähigkeit.

Alle Pilgerseelsorger arbeiten ehrenamtlich. Übernommen werden die Kosten für die An- und Abreise sowie die Übernachtungskosten vor Ort.

Quelle:
DR