DOMRADIO.DE: Ist der "Camiño dos Faros" ein richtiger Pilgerweg?
Beate Steger (Pilgerexpertin): Nein. Es ist weder ein Jakobsweg noch ein Pilgerweg, wird aber von vielen Pilgerinnen und Pilgern gegangen. Ich selbst bin ihn auch noch nicht gegangen.
Der Weg führt aber durch Muxía und bis nach Finisterre. Das sind beides wichtige Pilgerziele in Nordspanien. Normalerweise werden diese Ziele von Santiago de Compostela aus angesteuert, können aber auch über den Leuchtturm verbunden werden.
DOMRADIO.DE: Bei Leuchttürmen braucht es zwingend Meer. Wo geht dieser Weg lang?
Steger: Der Camiño dos Faros ist zweihundert Kilometer lang und geht direkt an der Küste im äußersten Nordwesten Spaniens lang. Die Region heißt Galicien und dieser Küstenabschnitt ist die Costa da Morte, also die sogenannte Todesküste.
DOMRADIO.DE: Das ist aber nicht die Todesküste, weil alle Wanderer da runterfallen und sterben?
Steger: Nein, vor der Küste sind schwere Bedingungen für die Seefahrt. Dort gibt es immer wieder Schiffbrüchige und Tote. Schlimm war das Unglück des Öltankers PRESTIGE im Jahr 2002. Der riesige Ölteppich vor der Küste hat vor allem Muxía richtig getroffen.
DOMRADIO.DE: Finisterre haben Sie erwähnt. Geht man dort vorbei?
Steger: Der Weg endet in Finisterre. Das ist eine spannende Geschichte, weil Finisterre auch mit dem Tod zu tun hat bzw. mit dem Tod in der Verbindung gebracht wird. Wenn die Pilgerinnen und Pilger im Mittelalter nach Santiago gelaufen sind, sind sie weiter nach Finisterre gepilgert.
Wenn man das tut, läuft man dem Sonnenuntergang entgegen. Das hat dann auch etwas mit dem Tod zu tun; mit dem Abschließen von irgendwelchen Sachen oder eben dem Abbüßen von Sünden. Das war im Mittelalter in dem Glauben der Menschen noch eine viel wichtigere Motivation zum Pilgern als heute.
Sobald die Menschen in Finisterre angekommen sind, mussten sie ja umdrehen, um wieder nach Hause zu laufen. Damals blieb ihnen nichts anderes übrig, wenn sie nicht dortbleiben wollten.
Auf dem Heimweg sind die Pilgerinnen und Pilger dem Sonnenaufgang entgegen unterwegs. Das kann man als Bild für das neue Leben sehen. Insofern hat der Name Todesküste vielleicht doch eine doppelte Bedeutung.
DOMRADIO.DE: Wer hat den Leuchtturmweg angelegt?
Steger: Das war 2012 eine Gruppe von Freunden. Ihr Ziel war es, die atemberaubende Küstenlandschaft mit ihren schönen Leuchttürmen, alten Fischerdörfern und die lokale Kultur der Region zu zeigen.
Galicien ist eine eher arme Region, die von der Landwirtschaft und an der Küste von der Fischerei geprägt ist. Das lässt sich auf dem Weg gut erfahren. Dafür wurde der Weg geschaffen, der zusätzlich Pilgerziele verbindet, aber nicht über einen Teil der Jakobswege führt, sondern auf einer wunderschönen Wanderstrecke.
DOMRADIO.DE: Leuchttürme sind ja sehr unterschiedlich.
Steger: Auf dem Weg sind ganz viele verschiedene Leuchttürme mit den zugehörigen kleinen Fischerdörfern enthalten. Zum Beispiel Malpica. Das ist der Startpunkt des Weges und ein ganz charmantes Fischerdorf. Auf dem Weg kommt man an vielen Stränden vorbei. Manche sind menschenleer, andere belebt mit Bademöglichkeiten.
Dazwischen sind überall die namensgebenden Leuchttürme. Darunter ist auch einer der ältesten Leuchttürme Spaniens. Das ist der Leuchtturm bei Cabo Vilán. Der ist wunderschön. Nicht nur beim Anschauen des Leuchtturmes, sondern auch beim Blick von den Leuchttürmen auf das Wasser.
DOMRADIO.DE: Sie sind diesen Weg noch nicht selbst gegangen. Es klingt aber so, als hätten Sie Lust darauf.
Steger: Ja. Ich habe mich schon mit dem Weg beschäftigt und mich mit vielen Freunden und Pilgern unterhalten, die auf diesem Leuchtturmweg unterwegs waren. Der Weg wird in der Pilgerszene auch immer bekannter und beliebter. Deswegen habe ich schon Lust darauf, den Weg selbst zu pilgern.
Es sind zweihundert Kilometer Strecke. Dazu kommen aber auch einige Höhenmeter, weil der Weg an der Steilküste entlangführt. Das ist immer wieder ein Hoch und Runter an der Küste. Man kann den Weg in acht bis zehn Etappen gehen. Es gibt auch einen Pilgerführer dafür, dass man den Weg auch findet. Von Pilgerunterkünften wie auf den klassischen Jakobswegen habe ich bisher nichts gelesen.
DOMRADIO.DE: Da kommen zu den Höhen und Tiefen des Weges wahrscheinlich noch die Höhen der Leuchttürme dazu, wenn die geöffnet haben und man sie hochklettert.
Steger: So ist das. Der Weg verläuft aber nicht nur am Wasser entlang. Er ist so angelegt, dass er ein bisschen ins Landesinnere führt. Immer nur Wasser kann auch langweilig werden. So kommt man zu richtig alten Sachen. Zum Beispiel zu einer Megalithanlage, für die Galicien bekannt ist. Die wurde zwischen 3900 und 2700 vor Christus genutzt.
Außerdem führt der Weg an einer alten keltischen Siedlung vorbei. Wer auf Historisches steht oder mal was anderes als Landschaft, Wasser und Küste sehen möchte, der kommt ebenso auf seine Kosten.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.