Piusbruderschaft sieht eigene Chancen schwinden

Einigung mit Rom derzeit kaum denkbar

Der deutsche Distriktobere der traditionalistischen Piusbruderschaft, Franz Schmidberger, sieht derzeit kaum Chancen für eine Einigung mit dem Vatikan. "Menschlich gesehen ist mit den letzten Personalentscheidungen in Rom nicht mehr allzu viel zu erwarten", sagte er in einem Interview mit der im rheinischen Ruppichteroth erscheinenden katholischen Monatszeitschrift "Kirchliche Umschau".

 (DR)

Massive Kritik übte Schmidberger am Präfekten der vatikanischen Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, und am Sekretär der Gottesdienstkongregation, Bischof Arthur Roche. "Was nützt ein Motu proprio über die alte Liturgie, wenn einige Jahre danach einer seiner schlimmsten Gegner in eine Schlüsselposition berufen wird, was die überlieferte Messe angeht? Hat man nicht hier sprichwörtlich den Bock zum Gärtner gemacht?", sagte er mit Blick auf Roche. Müller hatte in den vergangenen Monaten mehrfach betont, das Zweite Vatikanische Konzil sei verbindlich für eine eventuelle Einigung mit der Bruderschaft.



Schmidberger sprach von einem Gesinnungswandel in Rom. Bei einem Treffen am 13. Juni habe der Vatikan der Bruderschaft eine Erklärung vorgelegt, die die Piusbrüder nicht akzeptieren könnten. So wolle Rom die Bruderschaft verpflichten, die Rechtmäßigkeit der neuen, muttersprachlichen Liturgie anzuerkennen und zu bestätigen, dass das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) in der Kontinuität der bisherigen lehramtlichen Tradition der Kirche stehe. "Aber wie kann man eine Liturgie als rechtmäßig anerkennen, die nicht aus dem katholischen Glauben fließt und nicht zu ihm führt?", fragte Schmidberger. Er fügte hinzu: "Man will uns das Konzept der Hermeneutik der Kontinuität auferlegen. Und dies in einem Augenblick, in dem ein Buch nach dem anderen erscheint, das die offensichtlichen Brüche mit der Tradition ans Licht bringt."



Interner Streit beigelegt

Zum Streit innerhalb der Piusbruderschaft sagte der Distriktobere, die Gemeinschaft habe die Differenzen in den eigenen Reihen überwunden und die Einheit wiedergefunden. "An dieser Tatsache ändern auch zwei oder drei Heckenschützen nicht, die sich fragen lassen müssen, ob sie sich wirklich noch zur Bruderschaft zählen." Der Traditionalistenbischof Richard Williamson war von den Beratungen des Generalkapitels der Piusbruderschaft im Juli zeitweise ausgeschlossen worden. Er gilt als scharfer Gegner einer Annäherung mit Rom.



Zum möglichen Status der Piusbruderschaft innerhalb der katholischen Kirche sagte Schmidberger, wichtig wäre vor allem der Schutz der Bruderschaft durch den Heiligen Stuhl und ihre Unabhängigkeit von der Zuständigkeit der Ortsbischöfe. Eine erneute Exkommunikation der Traditionalisten hält der Distriktobere für "kaum vorstellbar". Dies bedeutete eine "Demoralisierung aller konservativen und restaurativen Kräfte in der Kirche". Schmidberger sagte allerdings, er würde dem neuen Glaubenspräfekten Müller einen solchen Schritt zutrauen. Dieser sei "wirklich nicht unser Freund".