Olaf Scholz (SPD) nimmt an einer Diskussion mit dem Titel "Wer zahlt die Rechnung der Corona-Pandemie?" teil. Annalena Baerbock (Grüne) ist beim Schwerpunktthema "Schöpfung und Klimakrise", Armin Laschet (CDU) befasst sich mit Fragen von Markt, Macht und Moral.
Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Außenminister Heiko Maas (SPD) und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg präsentieren sich bei dem Christentreffen.
Merkel spricht über Klimawende
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht reiche Industrieländer wie Deutschland in einer besonderen Verantwortung für die Klimawende. Beim Ökumenischen Kirchentag sagte sie, diese Verantwortung resultiere auch aus der Geschichte, weil diese Länder während ihrer wirtschaftlichen Expansion besonders stark zu Kohlendioxidemissionen beigetragen hätten. Zudem hätten sie wegen ihrer wirtschaftlichen Ressourcen heute die Mittel dazu, mehr als andere zur Erreichung dieses Ziels beizutragen.
Luisa Neubauer von der Bewegung Fridays For Future warf der Bundesregierung vor, über viele Jahre das Vertrauen der jungen Generation gebrochen und klimazerstörende Industrien gefördert zu haben. Junge Menschen hätten erst die Bundesregierung beim Verfassungsgericht verklagen müssen, bevor sich diese zu konsequenteren Klimazielen durchgerungen habe. Neubauer und Merkel sprachen in einer vorab aufgezeichneten Kirchentags-Debatte, die am Samstag im Internet zu sehen war.
Unterstützung von Sant'Egidio
Der Generalsekretär der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio, Cesare Zucconi, hat sich auf dem Ökumenischen Kirchentag hinter die Jugendbewegung "Fridays for Future" gestellt. Die Klimastreiks entsprängen einer "richtigen Sorge um die Zukunft". Den Akteuren riet er in einem Videogespräch am Samstag, sie sollten "nicht unterwürfig sein" und stattdessen "eine Revolte in Gang setzen". Die jungen Menschen seien für ihn "eine große Freude und eine große Hoffnung". Sie zeigten viel Wagemut. "Es ist nicht einfach in unserer Zeit, etwas in Bewegung zu setzten", sagte Zucconi. Es gebe eine starke Lähmung seitens der Regierenden und Verantwortungsträger. Aber man könne die Dinge ändern und anders leben.
Weiter hielt er ein Plädoyer für kirchliche Friedensarbeit. Krieg dürfe nicht mehr als legale Möglichkeit der Konfliktlösung angesehen werden. Noch immer sei die Auffassung verbreitet, der Krieg gehöre gewissermaßen zur DNA der Menschheit. "Warum nicht eine Welt in Frieden erträumen?", fragte Zucconi.
Der Italiener und studierte Politikwissenschaftler verwies auf die Friedensvermittlung seiner Gemeinschaft in Rom, die 1992 zur Beendigung des 16-jährigen Bürgerkriegs in Mosambik führte. Die Arbeit für den Frieden gehe weiter, etwa im Südsudan. Ein Geheimnis von Sant'Egidio liege darin, an Konflikten dranzubleiben, auch wenn die internationale Aufmerksamkeit geschwunden sei. "Ich glaube, es ist nötig, zu beharren, nicht aufzugeben", sagte Zucconi.
Baerbock lobt christliche Werte
Nach Worten der Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock verlangt Klimaschutz die Mitwirkung aller gesellschaftlicher Gruppen. "Es braucht Gewerkschaften, es braucht Kirchen, es braucht Unternehmen", sagte die Parteivorsitzende der Grünen auf einer am Samstag per Internetvideo verbreiteten Veranstaltung des Ökumenischen Kirchentags in Frankfurt. Dabei gehe es nicht nur um Umweltpolitik, sondern auch um Sozial-, Industrie- und Sicherheitspolitik, weil die Auswirkungen der Klimakrise alle Bereiche träfen. Global litten unter den Folgen des Klimawandels vor allem diejenigen Regionen, die "ohnehin schon die vulnerabelsten" seien, sagte Baerbock.
Die Entwicklung von Corona-Impfstoffen binnen eines Jahres beschrieb die Politikerin als Vorbild für Innovation auch im Klimabereich. "Mit einem ehrlichen Zusammenspiel zwischen Wirtschaft und Politik und Leitplanken dafür können wir wirklich Technologiesprünge schaffen, die wir vor ein paar Jahren noch nicht uns hätten vorstellen können."
Als jahrhundertealte Botschaft des Christentums hob Baerbock die Verantwortung füreinander und für die Schöpfung hervor. Auch wenn sie selbst "nicht ganz gläubig" sei, gehe sie darum öfter in die Kirche, sagte die Grünen-Politikerin. Das gemeinsame Wertefundament sei "das der Nächstenliebe, aber auch das der Verantwortung für unser gemeinsames Miteinander und für unsere Welt".
Der Kirchentag findet wegen der Corona-Pandemie digital statt. Viele der Veranstaltungen wurden vorab aufgezeichnet, andere sind in einem Live-Stream zu sehen. Der Kirchentag hatte am Donnerstag begonnen und endet am Sonntag mit einem Schlussgottesdienst am Mainufer. Gestern Abend hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gesagt, gerade in der Zeit einer zunehmend polarisierten Gesellschaft brauche es engagierte Christinnen und Christen.