Felix Maradiaga Blandon (47) gehörte zu jenen Präsidentschaftskandidaten, die vor den Wahlen in Nicaragua 2021 von der sandinistischen Regierung verhaftet und später zwangsausgebürgert wurden. Inzwischen lebt er im Exil in den USA. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) hat mit ihm über die prekäre Lage in seinem Heimatland gesprochen.
KNA: Herr Maradiaga, das sozialistische Regime in Managua geht seit Jahren gegen kirchliche Vertreter und deren Institutionen vor. Zudem wurden Tausenden Nichtregierungsorganisationen die rechtliche Grundlage entzogen. Wie würden Sie die Lage der katholischen Kirche in Nicaragua beschreiben?
Felix Maradiaga: Mehrere Ordensgemeinschaften wurden aus dem Land vertrieben, mehrere kirchliche Universitäten und ein Priesterseminar geschlossen. Wir sprechen von mindestens 80 Priestern, von denen wir wissen, dass sie ins Exil gezwungen wurden. Darüber hinaus wurde eine große Zahl von Bankkonten kirchlicher Organisationen geschlossen. Von den insgesamt 3.500 Nichtregierungsorganisationen, die in Nicaragua verboten wurden, sind mindestens 20 Prozent mit der katholischen Kirche verbunden. Übrigens leiden auch die Glaubensbrüder der protestantischen Gemeinschaften unter der Verfolgung.
Die Lage ist also schwierig, die Kirche muss eine Balance zwischen zwei Herausforderungen finden: Einerseits muss sie versuchen, im Land aktiv zu bleiben und ihre pastorale Funktion zu erfüllen. Andererseits kann sie eigentlich nicht schweigen, wenn es Verstöße gegen die soziale Gerechtigkeit, den sozialen Frieden, gegen die Demokratie gibt. Wenn man im Detail analysiert, was in dem Land gerade passiert, muss man nüchtern feststellen, dass es im Moment keinen anderen Weg gibt: Man muss sich zu kontroversen Themen äußern. Allerdings sollte man dabei aufpassen, dass die Existenz der Kirche nicht gefährdet wird.
KNA: Was bedeutet das konkret für die tägliche Arbeit der Kirche und ihre Präsenz in der Öffentlichkeit?
Maradiaga: Ich glaube, dass die Bischöfe, um in Nicaragua weiterarbeiten zu können, die komplexe Situation annehmen müssen. Auch wenn das Schweigen zu gewissen Dingen bei außenstehenden Beobachtern einen fragwürdigen Eindruck hinterlässt.
KNA: Haben Sie mit Blick auf Ihr Heimatland eine Botschaft an Papst Franziskus und den Rest der Welt?
Maradiaga: Ich habe als praktizierender Katholik, als Mitglied der Diözese Matagalpa und als Laie, der sich für die Kirche engagiert, zwei Bitten. Die erste ist, das katholische Volk Nicaraguas nicht zu vergessen. Denn es wird zum Schweigen gezwungen. Es ist ein leidendes Volk, ein Volk, das in der Stille Widerstand leistet. Und ein Weg dieses stillen Widerstandes besteht darin, die Kirchen des Landes zu füllen und zu beten. Aber diese Form des Protests, das ist meine zweite Bitte, muss von der Stimme des Papstes begleitet werden. Ich bin der Meinung, dass der Papst mehr über das, was in Nicaragua geschieht, sprechen sollte.