Polnische Bischöfe verschieben Aufarbeitung von Missbrauch weiter

Bischöfe können sich nicht einigen

Schon seit zwei Jahren wird in Polen eine unabhängige kirchliche Untersuchungskommission für Misbrauchsfälle vorbereitet. Doch die Betroffenen müssen weiter Geduld haben, denn die Bischöfe konnten sich nicht einigen.

Pileoli in den Händen von Bischöfen / © Alessia Giuliani/CPP (KNA)

In Polens katholischer Kirche verzögert sich die Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt an Minderjährigen durch eine unabhängige Kommission weiter. Die Bischöfe des Landes diskutierten bei ihrer dreitägigen Vollversammlung in Warschau über Befugnisse und Struktur der geplanten Kommission. Die Leitlinien, die der für den Schutz von Kindern und Jugendlichen zuständige Erzbischof Wojciech Polak vorschlug, wurden jedoch nicht verabschiedet.

Polak sagte am Freitag, die Vorarbeiten würden fortgesetzt. Zuvor hatte der Rechtsbeirat der Bischofskonferenz die vorgeschlagenen Leitlinien abgelehnt. Zur Begründung hieß es unter anderem, das von der Aufarbeitungskommission gesammelte Material könne auch für Zivilklagen gegen kirchliche Einrichtungen verwendet werden.

Vorbereitungen seit 2023

Nun sollen die Vorgaben für die Kommission erneut überarbeitet werden, so die Bischofskonferenz: "Zu dem vorgelegten Kommissionsprojekt sind eine Reihe von Anmerkungen eingegangen, die an das Team weitergeleitet werden, das an der Ausgestaltung der Kommission arbeitet." Außerdem seien weitere Absprachen mit den Ordensgemeinschaften erforderlich.

Die polnische Bischofskonferenz hatte im März 2023 angekündigt, ein unabhängiges Expertenteam zu berufen, das Missbrauchsfälle aus der Zeit seit 1945 untersuchen soll. Die Bischöfe bekräftigten bei ihrer Vollversammlung, dass die Kommission notwendig sei. 

Sie solle eine historische und interdisziplinäre Analyse vornehmen, betonte der Bischofskonferenz-Vorsitzende Tadeusz Wojda: "Es gibt absolut den Willen und den Wunsch aller Bischöfe, das umzusetzen und eine Reinigung der Kirche in dieser Hinsicht durchzuführen."

Wohl der Kirche

Der Rechtsbeirat hatte auch die Sorge geäußert, die Kommission könne Bischöfe vorladen und über sie urteilen, obwohl dazu nur der Vatikan berechtigt sei. Das geplante Gremium dürfe außerdem nicht mit
Personen zusammenarbeiten, denen das Wohl der Kirche nicht am Herzen liege. Ein weiterer Einwand: Es sei unklar, was die Kommissionsarbeit koste.

Wohl in keinem anderen Land verhängte der Vatikan zuletzt gegen so viele Bischöfe Disziplinarstrafen wegen Pflichtvernachlässigung in Zusammenhang mit Missbrauchsvorwürfen wie in Polen. Unter anderem wurden zehn zumeist emeritierte Bischöfe angewiesen, Geld an eine Kirchenstiftung zu zahlen, die Präventionsmaßnahmen gegen sexualisierte Gewalt an Minderjährigen unterstützt. Zudem dürfen etliche Bischöfe an keinerlei öffentlichen Gottesdiensten mehr teilnehmen.

Missbrauchsfälle in Polen

In den vergangenen Monaten hatte die Bischofskonferenz die Missbrauchsfälle bei den Diözesen und Ordensgemeinschaften abgefragt. Das kirchliche Statistikinstitut und das von der Bischofskonferenz in Krakau gegründete Kinderschutzzentrum werteten kirchliche Akte, die von Januar 1990 bis Juni 2018 angelegt wurden, aus. Die Auswertung ergab:

284 Priester und 98 Ordensmänner sollen Minderjährige missbraucht haben

Von den 625 Opfern seien 345 unter 15 Jahre alt gewesen.

58,4 Prozent aller Opfer sind den Angaben zufolge männlich, 41,6 Prozent weiblich.

Symbolbild Missbrauch / © TetianaDov (shutterstock)