"Heute Hui, morgen pfui", das kenne man aus vielen Lebensbereichen - aus der Welt des Fußballs und der Politik beispielsweise, so der Kölner Erzbischof am Palmsonntag im Kölner Dom. Das Motto "Heute Hosianna, morgen kreuzigt ihn" bestimme auch die Ereignisse, auf die sich Christen am Palmsonntag besinnen. "Wie kann das sein? Wie kann eine Stimmung in nur wenigen Tagen so derart kippen?", fragt Woelki in den Dom hinein.
Eine Stimmung schwenke immer dann besonders schnell um, wenn Erwartungen enttäuscht würden. "Große Erwartungshaltungen werden in unseren Zeiten häufig durch die Massenmedien oder soziale Netzwerke geschürt", führt der Kardinal aus. "Sie sollen perfekte Vorbilder sein, die wir anhimmeln können, die uns nach dem Munde sprechen. Aber wehe, diese Person macht plötzlich ihr eigenes Ding."
Jesus, der Sohn Gottes aber habe den Erwartungen der Menschen damals nicht entsprochen. Wer in ihm -rein menschlich gedacht- einen politischen Anführer sah, der die Römer vertreiben würde, "der wurde ebenso enttäuscht wie derjenige, der von ihm Wunderheilungen auf Knopfdruck erwartete".
Jesus vertraue seinem Vater. Gott vertrauen heiße, ihm mehr zu vertrauen als den Menschen und zwar um ihretwillen". Das sei "die Lektion des Palmsonntags". Dieses Vertrauen indes werde nicht mit Glanz und Gloria belohnt. Es mündet in den Karfreitag. "Es ist kein Weg des Zuspruchs", sondern "ein Weg des Glaubens".
Domkantorei begleitete musikalisch

Unter der Leitung von Joachim Geibel singt die Domkantorei Köln "Machet die Tore weit" von Andreas Hammerschmidt, "Tenebrae factae sunt" von Joseph Haydn, das Sanctus und das Agnus Dei aus der "Missa Pange Lingua" von Josquin Desprèz sowie einen Teil des Passionsgesangs von Josef Rheinberger. An der Orgel spielte Winfried Bönig.
Auftakt in die Karwoche
Der Palmsonntag ist das Tor zur Heiligen Woche, der Feier von Leiden, Tod und Auferstehung Jesu Christi. Dabei erschließt sich die Aussage der einzelnen Tage dieser Woche erst richtig, wenn wir sie im Zusammenhang sehen: vom Einzug Jesu in Jerusalem über die Feier des Abendmahls, den Verrat des Judas und die Verleugnung durch Petrus, die Gefangennahme und Verurteilung Jesu sowie seinen Kreuzestod und die Grabesruhe bis hin zur Feier der Auferstehung.

Der Palmsonntag erinnert an den Einzug Jesu in Jerusalem, von dem alle vier Evangelisten berichten. Den Hosannarufen der Menschen, die Jesu Einzug in die Heilige Stadt damals begleiteten, folgten bald schon die "crucifige"-Rufe ("kreuzige ihn") der Menge. Denn Jesus erfüllte nicht die Erwartungen derjenigen, die in ihm den politischen Befreier Israels sahen. Das Reich, das er errichtet und für das er bis zuletzt eintritt, ist nicht von dieser Welt. Die Konsequenz seines Verhaltens zeigt sich dann am Karfreitag.
Etwa seit dem Jahr 400 gab es in Jerusalem den Brauch, am Palmsonntag-Nachmittag in feier-licher Prozession mit dem Bischof vom Ölberg in die Stadt zu ziehen. Im Mittelalter übernahm die Kirche des Westens den Brauch als Palmprozession vor der Eucharistiefeier. Die während der Prozession getragenen, gesegneten Palmzweige werden auch heute noch mitgenommen und in den Wohnungen aufgesteckt.
Während in der Prozession mit geschmücktem Kreuz und dem Gesang von Lobliedern ein Bekenntnis zum Auferstandenen zum Ausdruck kommt, betonen die Lesungen des Tages stärker das Leiden und Sterben Jesu. In dieser Spannung von Leiden und Sterben einerseits und Auferstehung, Überwindung des Todes andererseits vollzieht sich das liturgische Geschehen dieser Woche. Der Hymnus aus dem Philipperbrief (2, 6–11 – zweite Lesung) spricht hier vom Hinabsteigen Jesu bis zum Tod am Kreuz und dem Hinaufsteigen in die Herrlichkeit des Vaters.