Studie: Skepsis gegenüber Migration gesunken

Positive Tendenzen

Die Skepsis gegenüber Fluchtzuwanderung ist unter den Menschen in Deutschland seit 2015 gesunken. Das geht aus einer am Donnerstag in Gütersloh veröffentlichten Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung hervor.

Flüchtlinge / © Procyk Radek  (shutterstock)

Demnach sind zwei Drittel der Bevölkerung der Ansicht, Einwanderer seien vor Ort willkommen. Rund 80 Prozent nehmen auch eine Offenheit in den kommunalen Behörden wahr. Einen positiven Effekt von Einwanderung auf die Wirtschaft erwarten etwa 65 Prozent.

Mehrheit sieht Chancen für Deutschland

"Deutschland hat den Stresstest der Fluchtzuwanderung ab 2015 gut gemeistert und stabilisiert sich als pragmatisches Einwanderungsland", sagte Stiftungsvorstand Jörg Dräger. Die Bevölkerung habe die Herausforderungen von Migration klar vor Augen, sehe aber auch die Chancen für eine alternde Gesellschaft. Die Meinung, Deutschland habe bei der Aufnahme von Flüchtlingen seine Belastungsgrenzen erreicht, vertreten - anders als 2017 - die Befragten nicht mehr mehrheitlich, wie es hieß.

Allerdings gibt es laut Untersuchung weiterhin auch skeptische Einschätzungen. So meint rund jeder Zweite, dass es zu viel Zuwanderung (52 Prozent) gebe. Eine Mehrheit befürchtet auch, zu viele Migranten würden die Wertvorstellungen des Aufnahmelandes nicht übernehmen. Nicht ganz drei Viertel (71 Prozent) der Studien-Teilnehmer meinen, Migration belaste die deutschen Sozialsysteme. In allen Fällen aber hätten die Werte 2017 deutlich höher gelegen, so die Studienautoren. Die Skepsis in der Bevölkerung gegenüber der Einwanderung sei seither nicht weiter gestiegen, sondern habe rückläufige Tendenz.

Folgen von Zuwanderung werden akzeptiert

Laut Studie akzeptieren die Menschen in Deutschland die Folgen von Zuwanderung zunehmend. Für rund zwei Drittel (67 Prozent) der Befragten machen Migranten das Leben interessanter. Etwa genau so viele (64 Prozent) sehen Einwanderung als Mittel gegen Überalterung der Gesellschaft. Dass Zuwanderung den Fachkräftemangel ausgleiche, bejahen 41 Prozent. Bei diesen Aspekten weist die Studie steigende Tendenzen gegenüber 2017 aus.

Wie ausgeprägt die Willkommenskultur ist, ist den Angaben zufolge altersabhängig, regional verschieden und hängt auch mit dem Bildungsgrad zusammen. Je höher die Bildungsabschlüsse sind, desto offener sind die Befragten für Zuwanderung. Jüngere sind häufiger positiv eingestellt als Ältere. In Ostdeutschland sind die Menschen skeptischer als in Westdeutschland.

Um Skepsis abzubauen und Integration zu fördern, braucht es laut Dräger "eine bessere Steuerung" der Zuwanderung. Auch müsse die Politik die Zivilbevölkerung mehr einbinden. Der Stiftungsvorstand plädierte für sichere Fluchtwege für "besonders schutzbedürftige Geflüchtete".

Reaktionen auf Studie

Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Annette Widmann-Mauz (CDU), sieht die Integrationspolitik der Bundesregierung durch eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung zur Willkommenskultur seit 2015 bestätigt.

"Die Richtung stimmt und macht Mut", sagte Widmann-Mauz dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Donnerstag). "Einwanderung wird immer stärker als Chance gesehen - vor allem bei jungen Menschen. Das überrascht nicht, denn in der Schule oder am Ausbildungsplatz ist Vielfalt längst Normalität."

Die Staatsministerin im Bundeskanzleramt betonte, dass die deutsche Wirtschaft auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen sei. "Deshalb ist es gut, dass viele dieses Potenzial erkennen. Es ist im Interesse der ganzen Gesellschaft, dass sich alle, die hier leben, einbringen", so Widmann-Mauz. Davon profitierten auch die Sozialsysteme.

"Migration wird sichtbar zur Realität"

Die sächsische Integrationsministerin Petra Köpping, die mit dem niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius für den SPD-Vorsitz kandidiert, sagte dem RND, dass der Blick auf die Themen Flucht und Asyl maßgeblich von den Ereignissen der Jahre 2015 und 2016 geprägt sei. "Die Ohnmacht und die Überforderung, mit denen der Bund, die Länder und viele Kommunen in dieser Zeit agierten, hat sich bei vielen Menschen als Kontrollverlust eingeprägt", so Köpping.

Am Ende werde Integration nur gelingen, wenn neben den vielen notwendigen Förderungen und richtigen Maßnahmen auch für Vielfalt geworben werde. "Das ist vor allem eine Aufgabe für die Regionen in unserem Land, in dem Migration erstmals sichtbar zur Realität der Menschen wird", so die SPD-Politikerin.


Flüchtlinge am Arbeitsmarkt  / © Monika Skolimowska (dpa)
Flüchtlinge am Arbeitsmarkt / © Monika Skolimowska ( dpa )
Quelle:
KNA