Jetzt müsse man den Angehörigen der Getöteten und den verletzten Menschen Zeit und Raum für ihren Schmerz und ihre Trauer geben: "Eine ganze Stadt ist traumatisiert", so der leitende Theologe der Evangelischen Kirche im Rheinland dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Düsseldorf.
"Wir brauchen einen Schutz unserer Gesellschaft vor Menschen, die solche menschenverachtende Gewalt ausüben", betonte der Präses. "Das widerspricht allem, wofür wir als offene, freiheitliche Gesellschaft stehen." Da brauche es eine klare Reaktion von Politik und Rechtsstaat.
"Sich vor einer Instrumentalisierung und platten Parolen hüten"
"Aber man muss hier sorgfältig hinschauen und sich vor einer Instrumentalisierung und vor platten Parolen hüten", fügte Latzel hinzu, der rund 2,2 Millionen Protestanten in Teilen von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Hessen repräsentiert. "Wir haben gerade in Solingen ein sehr intensives und gutes Miteinander der Religionen, von Menschen verschiedenster Herkünfte." Deshalb müsse man genau schauen, "wo das Problem liegt, um nicht zu falschen Verallgemeinerungen zu kommen", sagte der 53-jährige evangelische Theologe. Zu den möglichen Hintergründen "wissen wir im Augenblick noch zu wenig."
Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger hochkompetent
Er sei sehr froh, dass die evangelische und katholische Kirche in Solingen mit Gedenkfeiern und Gottesdiensten nach der Messerattacke einen guten Rahmen zur ersten Trauerbewältigung hätten schaffen können, sagte Latzel. Er würdigte insbesondere "die hochkompetente Arbeit der Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger".
Ein 26-jähriger Syrer hatte beim "Fest der Vielfalt" zum 650. Solinger Stadtjubiläum mit einem Messer drei Festbesucher getötet und acht verletzt. Der mutmaßliche Attentäter Issa Al H. sitzt in Untersuchungshaft. Ihm wird unter anderem die Mitgliedschaft in der islamistischen Terrororganisation IS vorgeworfen. Er kam nach bisherigen Ermittlungen als Asylbewerber nach Deutschland.