Zum Gottesdienst eingeladen hat die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen. Ursprünglich war dort ein Festgottesdienst zum 650. Solinger Stadtjubiläum geplant.
Spitzenvertreter der beiden großen Kirchen haben bestürzt auf den Anschlag in Solingen reagiert, bei dem am Freitagabend drei Menschen getötet und acht verletzt wurden. "Diese hemmungslose Gewalt ist durch nichts zu rechtfertigen", heißt es in einer am Samstag verbreiteten gemeinsamen Erklärung der amtierenden Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, und des Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing.
"Schrecken, Fassungslosigkeit und Entsetzen"
Auch der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, und der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki zeigten sich entsetzt über die Bluttat.
"Der menschenverachtende Anschlag von Solingen macht sprachlos und erschüttert uns zutiefst", erklärten Fehrs und Bätzing. "Die Tat von Solingen lässt uns in einen Abgrund des Bösen schauen und unser Mitgefühl gilt allen, die den Verlust von Menschenleben zu beklagen haben", hieß es weiter. Die beiden höchsten Vertreter von Katholiken und Protestanten in Deutschland dankten der Polizei, den Rettungskräften und Notfallseelsorgern, die den Menschen in Solingen zur Seite stehen.
Der rheinische Präses Latzel erklärte: "Der menschenverachtende Anschlag erfüllt uns mit tiefem Schrecken, mit Fassungslosigkeit und Entsetzen." Die rheinische Kirche trauere mit den Angehörigen, die einen geliebten Menschen verloren haben. "Wir beten um Gesundheit und Genesung für die Verletzten." Auf der Homepage sowie den Social-Media-Kanälen der rheinischen Kirche bei Instagram und Facebook wurde ein Gebet des leitenden Theologen veröffentlicht.
Kardinal Woelki tief traurig
Der Kölner Kardinal Woelki zeigte sich ebenfalls fassungslos und tief traurig. "Meine Gebete sind in diesen schweren Stunden bei den Opfern und Angehörigen", erklärte er. "Ich denke aber auch an alle Solingerinnen und Solinger, die sich zu einem friedlichen Fest getroffen haben und nun schockiert und voller unbeantworteter Fragen auf sich zurückgeworfen sind."
Die evangelische Stadtkirche direkt neben dem Fronhof, auf dem die Bluttat verübt wurde, stand am Samstag für alle Menschen offen, die dort einkehren, beten und gedenken wollten. Die Notfallseelsorge vor Ort machte Gesprächsangebote, viele Menschen legten Blumen nieder.
Mit Programm auf mehreren Bühnen und mit mehr als 30 Ständen sollte bei dem "Festival der Vielfalt" unter dem Motto "Mensch, Solingen" bis Sonntagabend das 650. Stadtjubiläum gefeiert werden. Dazu wurden insgesamt rund 75.000 Besucherinnen und Besucher erwartet. Nach der Bluttat wurde das Festival komplett abgebrochen, alle für Samstag und Sonntag geplanten Programmpunkte wie Musik, Kabarett, Akrobatik und Unterhaltung für Kinder wurden abgesagt.
Medien: Terrormiliz IS bekennt sich zu Anschlag von Solingen
Der mutmaßliche Täter ist gefasst. Er soll sich um einen 26-jährigen Syrer handeln. Die Terrormiliz Islamischer Staat beansprucht den tödlichen Messerangriff von Solingen für sich. Die Behörden prüfen, ob das Bekennerschreiben echt ist.
Laut "Zeit online" reklamiert die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) die Messerattacke in Solingen für sich. Der
Täter habe "Rache für die Muslime in Palästina" genommen, zitiert "Zeit online" (Samstagabend) aus einem angeblichen Bekennerschreiben. Und weiter: "Der Angreifer einer Versammlung von Christen in der Stadt Solingen in Deutschland gestern ist ein Soldat des Islamischen Staates, und er nahm Rache für die Muslime in Palästina und an allen anderen Orten."
Die Mitteilung sei von Medienkanälen, die zum IS gehören, veröffentlicht worden und entspreche in Form, Inhalt und Sprache früheren Bekennermitteilungen der Terrorgruppe, die sich im Nachhinein als zutreffend herausgestellt hätten. Der Name des Täters werde in dem Schreiben nicht genannt. Einen zweifelsfreien Beleg dafür, dass der Täter dem IS angehöre oder in seinem Namen handele, liefere die Terrormiliz allerdings nicht.
Erfahrungsgemäß, so "Zeit online" weiter, bekenne sich der IS nur dann zu Anschlägen im Westen, wenn die Attentäter zuvor in irgendeiner Weise ein Gelübde gegenüber der Terrorgruppe abgelegt hätten und dieses dem IS vorliege.
Ministerpräsident Wüst erschüttert
Ministerpräsident Wüst schrieb auf dem Kurznachrichtendienst X, ganz Nordrhein-Westfalen sei in Erschütterung und Trauer vereint und stehe an der Seite der Opfer und ihrer Familien: "In diesen dunklen Stunden sind die Menschen unseres Landes und darüber hinaus mit ihren Herzen und Gedanken in Solingen. Ein Akt brutalster und sinnloser Gewalt hat unser Land ins Herz getroffen." Wüst dankte der Polizei und den Rettungskräften, die um Menschenleben kämpften.
Auch Oberbürgermeister Kurzbach äußerte sich erschüttert über die Gewalttat. "Heute Abend sind wir alle in Solingen in Schock, Entsetzen und großer Trauer", erklärte er. "Wir wollten alle gemeinsam unser Stadtjubiläum feiern und haben nun Tote und Verletzte zu beklagen." Er habe Tränen in den Augen, wenn er an diejenigen denke, "die wir verloren haben", und er bete für alle, die noch um ihr Leben kämpfen.
"Auch alle Menschen, die dies miterleben mussten, haben mein großes Mitgefühl, es müssen schreckliche Bilder gewesen sein", erklärte Kurzbach. Er danke allen Rettungs- und Sicherheitskräften für ihren Einsatz. "Ich bitte Sie, wenn Sie glauben, beten Sie mit mir und wenn nicht, dann hoffen Sie mit mir", schrieb der gläubige Katholik auf der Internetseite der Stadt und auf Facebook.
Gespenstische Stimmung
Eine Reporterin des "Solinger Tageblatts" berichtete, nach dem Anschlag sei die Stimmung "gespenstisch" gewesen. Innerhalb weniger Minuten sei die ausgelassene Feierstimmung in Schock umgeschlagen. Tausende Menschen verließen die Innenstadt.
Zwei Gedenkgottesdienste wird es geben: Zum einen gibt es am Abend gegen 18.15 Uhr ein stilles Gedenken auf dem Neumarkt, zum anderen am Sonntagmorgen um 10 Uhr einen ökumenischen Gottesdienst in der evangelischen Stadtkirche unweit des Tatorts.
Nancy Faeser und Hendrik Wüst bei Gedenken
Zum Gedenken am Samstagabend kamen unter anderem Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Man habe sich aber entschieden, anstelle von Reden und Stellungnahmen eine stille Feier mit Kerzen, Blumen und wenig Musik zu veranstalten, angeleitet von Pfarrer Mohr und Superintendentin Ilka Werner vom evangelischen Kirchenkreis Solingen.
Werner und Mohr sollen zusammen mit Pfarrerin Friederike Höroldt auch den ökumenischen Gottesdienst am Sonntagmorgen leiten. Ursprünglich sollte dieser Gottesdienst aus Anlass des Stadtfestes gefeiert werden.
Der Artikel wurde zuletzt am 25.08.2024 um 8:40 Uhr angepasst.