Der Münchner Publizist Heribert Prantl sieht im Heiligen Josef einen Helden und Schutzheiligen der Emanzipation. Mit dem Pflegevater Jesu beginne eine Revolution, auf die die römisch-katholische Kirche ungeheuer stolz sein könnte, gegen die sie sich aber bis zum heutigen Tage wehre, schreibt Prantl in einem Beitrag für das katholische Magazin "Innehalten" in München.

Josef sei der "Held der Weihnachtsrevolution", zugleich beginne mit ihm der Abschied vom Patriarchat. Nach Ansicht des langjährigen Autors der "Süddeutschen Zeitung" sollte der Josefitag (19. März) wieder zum Feiertag werden.
Josef als beherzter Mann?
Man habe Josef beizeiten zum alten Mann gemacht, weil niemand auf die Idee kommen sollte, dass er als Ehemann von Maria vielleicht doch der biologische Vater Jesu sein könnte, gibt Prantl zu bedenken: "Das ist Unfug, nach den biblischen Texten war er ziemlich viril, denn Jesus hat einen Haufen Brüder und Schwestern gehabt."
In den Evangelien sei zwar kein gesprochenes Wort von ihm überliefert, dennoch legten diese Wert darauf, Josef als beherzten Mann zu zeigen. Offensichtlich werde das etwa darin, dass er mit Maria und dem neugeborenen Kind nach Ägypten fliehe, um den Todesschwadronen zu entkommen.
Axt ans Stammbaum-Denken gelegt
In seinem Beitrag geht der promovierte Jurist auch auf die Geschichte der Jungfrauengeburt Mariens ein. Er wirft den Kirchenlehrern vor, diese fast zwei Jahrtausende lang missbraucht zu haben, um die Sexualität zu verdammen sowie um Jungfräulichkeit und sexuelle Enthaltsamkeit als das große Ideal zu preisen. Laut Prantl ist die Jungfrauengeburt aber eine Chiffre für den Freiheitsbegriff. "Das Neue kommt ohne Zutun männlicher Potenz zur Welt - durch die Kraft des Geistes." Damit werde die Axt ans Stammbaum-Denken und die klassischen Machtstrukturen gelegt.
Josef sei der Antityp zum patriarchalen Männerbild, notiert Prantl. "Deswegen belächelte man ihn mitleidig als heiliges Weichei, machte aus ihm einen alten, impotenten Mann." Doch die Weihnachtsgeschichte sei der Abschied klassischer Machtstrukturen. Sie lehre den Auf- und Ausbruch aus den überlieferten Verhaltensweisen.
"Eine josefinische Kirche wäre eine, die den Frauen den Rang gibt, der ihnen gebührt", ist der Publizist überzeugt. Josef sei ein Held, der eigentlich keiner habe sein wollen. "Es bräuchte eine Vermehrung der Josefs in dieser Welt, dann würde sie menschlicher", schreibt Prantl.