DOMRADIO.DE: Wie sieht denn Ihre Route aus? 12.000 Kilometer. Das ist ja doch ein ganz schönes Stück.
Hans-Gerd Paus (Priester und ehemaliger Gefängnisseelsorger): Ich starte am Nordkap und laufe bis Sizilien, vom nördlichsten Punkt Europas bis zum südlichsten Punkt und anschließend vom östlichsten Punkt, dem alten Konstantinopel, heute Istanbul, bis zum westlichsten, dem Kap Finisterre, das noch 80 Kilometer hinter Santiago de Compostela liegt.
DOMRADIO.DE: Wie kommen Sie denn da rüber?
Paus: Ganz ehrlich, ich habe mir noch keine Gedanken gemacht, wie ich nach Sizilien komme.
Vor Ort wird es irgendeine Möglichkeit geben, rüberzukommen.
DOMRADIO.DE: Sie haben zwei Jahre für diese Pilgertour veranschlagt. Wie haben Sie sich darauf vorbereitet?
Paus: Ich bereite diese Tour seit ungefähr schon 15 oder vielleicht mehr Jahren vor. Erst gedanklich, dann inhaltlich und zum Schluss immer wieder auch durch Training.
Ich bin im Laufe der letzten Jahre mehrere Marathons gelaufen, Ultra-Marathons, 100-Kilometer-Märsche, war achtmal in Santiago de Compostela.
Die Tour gehört zu einem Gesamtkomplex von Dingen, die ich in meinem Leben umsetzen wollte.
DOMRADIO.DE: Jetzt kennen Sie wahrscheinlich die Bibel in- und auswendig. Hat die Heilige Schrift irgendwas damit zu tun, dass Sie sich auf diesen Weg machen möchten?
Paus: Aber zu 100 Prozent. Ich habe fünf Anfragen an die Bibel. Eine davon ist: Alle Menschen, die irgendetwas in der Bibel bewegen, ob im Alten Testament oder im Neuen Testament, bewegen sich erst einmal selbst.
Die sind auf dem Weg. Das wird immer beschrieben. Und ich habe mir gedacht, ich möchte gerne wissen, was mit mir passiert, wenn ich mich auf den Weg mache.
Nicht nur zum Sonntagsspaziergang, sondern tatsächlich mit dem Weg eins werde und ein großes Ziel habe. Das ist eine von den fünf Fragen, die ich beim Lesen der Bibel habe und hatte.
Diese eine Frage versuche ich umzusetzen, indem ich eine eigene Erfahrung daraus mache.
DOMRADIO.DE: Sie haben schon viele Schicksalsschläge hinter sich. Sie haben ein Lawinenunglück überlebt. Sie sind beim Paragliding abgestürzt, Sie hatten auch eine Krebserkrankung.
Das zeigt aber, Sie kämpfen sich immer wieder zurück. Was treibt Sie denn immer wieder aufs Neue an?
Paus: Zum einen liebe ich ja mein Leben, muss ich ehrlich gestehen. Und ich finde, das Leben hält unwahrscheinlich viel bereit.
Natürlich kann ich mich auf die Couch setzen und alt werden, wahrscheinlich wäre ich dann aber auch schon tot. Der Antrieb ist natürlich, dass ich das Leben noch genießen möchte.
Aber wenn es dann irgendwann soweit sein sollte, kann ich auch gut Abschied nehmen. Abschiednehmen habe ich lange geübt.
DOMRADIO.DE: 12.000 Kilometer, das ist eine ganz schön große Zahl. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ich das genießen kann. Kann man das? Haben Sie Tipps für uns?
Paus: Oh ja. Ich habe die Tour auch vorbereitet, indem ich 2014 schon vom Nordkap nach Kautokeino (in Norwegen, Anm. d. Red.) gelaufen bin, das sind so 450 Kilometer.
Dann bin ich 2017 von Geldern aus, wo ich damals wohnte, nach Rom gelaufen. Ich habe immer jeden Kilometer genossen.
Ich genieße die Einsamkeit, habe gleichzeitig Angst vor ihr. Es ist ein tolles Erleben, ein tolles Erfahren.
DOMRADIO.DE: Sie nehmen uns jetzt, die wir zu Hause bleiben, ja auch mit auf diese Reise, sozusagen virtuell. Wie ist das geplant?
Paus: Ich möchte gerne all die Menschen begleiten, die mir ihre Gebetsanliegen zukommen lassen.
Wer mir auf meiner E-Mail-Adresse, hansgerdpaus@googlemail.com, eine Mail schreibt mit seinem Gebetsanliegen, kann damit rechnen, dass ich auf der Tour in jedem Fall versuchen werde, diesem Anliegen gerecht zu werden.
Ich feiere regelmäßig Gottesdienste und mache mir dann Gedanken.
DOMRADIO.DE: Welche Botschaften möchten Sie mit anderen Menschen teilen, die nun von Ihrer außergewöhnlichen Pilgerreise inspiriert werden?
Paus: Die Frage ist etwas schwierig zu beantworten. Ich möchte nicht Dinge teilen, sondern wenn Menschen Interesse haben, dann teile ich gerne.
Ich möchte mich nicht aufdrängen, aber wer Interesse zeigt, mit dem teile ich gerne. Und wer mich ein bisschen verfolgen will auf meiner Route, kann dies bei Polarsteps tun.
Das ist eine App, da kann man genau sehen, wo ich laufe. Und da schreibe ich auch täglich etwas rein, wenn ich Internet habe.
Das Interview führte Oliver Kelch.