Projekt für mobile Minikirche im Raum Münster angestoßen

Kirche zu den Menschen bringen

Sogenannte "Tiny Houses", also kleine Häuser, sind momentan "in". Kann das auch für die Kirche adapiert werden? Pfarrer Ludger Kaulig hat mit Hilfe eines engagierten Teams die Idee für eine "Tiny Church" auf Rädern ausgetüftelt.

Gewinnermodell der Tiny Church / © Dierk Hartleb  (Kath. Kirchengemeinde St. Bartholomäus Ahlen)
Gewinnermodell der Tiny Church / © Dierk Hartleb ( )

DOMRADIO.DE: "Tiny Churches", oder zu Deutsch Minikirchen, schließen an den amerikanischen Trend von "Tiny Houses", Minihäusern, an. Inzwischen gibt es bereits einige Modelle für "Tiny Churches". Die sind derzeit in der St.-Marien-Kirche in Ahlen bei Münster ausgestellt. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, das Konzept der mobilen Minikirchen ins Leben zu rufen?

Pfarrer Dr. Ludger Kaulig (St. Bartholomäus in Ahlen): Wir haben in der Corona-Zeiten geschaut, wo wir blinde Stellen haben und wo wir ein paar Sachen verstärken können. Ich bin auf den örtlichen Landwirt zugegangen und wir haben uns überlegt, dass wir eine kleine Wallfahrt zu den regionalen Bildstöcken und Hofkreuzen organisieren.

Das hat draußen stattgefunden, weil man dort nicht so von den Corona-Regeln abhängig ist. Rückblickend ist der Abschluss an einer Kapelle auch gut verlaufen. Im Vorfeld haben wir uns gedacht, dass wir diese kleine Wallfahrt in Serie gehen lassen sollten, wenn es gut läuft. So viele Kapellen haben wir aber nicht, zu denen man hinfahren könnte.

Kleine Kapelle mitten im Grünen / © Hobby M H (shutterstock)
Kleine Kapelle mitten im Grünen / © Hobby M H ( shutterstock )

Dann hatte der Landwirt die Idee: "Ich habe hier einen Tieflader stehen, da kann man eine Kapelle aufladen". Nachher kam der Gedanke dazu, dass es noch den TÜV gibt, die Straßenverkehrsordnung und auch den Luftwiderstand. Vielleicht ist es also doch sinnvoll, einen Architekten einzubauen.

Architekturstudent und Gewinner Johannes Pietz / © Dierk Hartleb  (Kath. Kirchengemeinde St. Bartholomäus Ahlen)
Architekturstudent und Gewinner Johannes Pietz / © Dierk Hartleb ( )

Der hatte dann wiederum die Idee, die Aufgabe an Studierende der Fachhochschule Münster, der "Münster School of Architecture" weiterzuleiten. Und ganz schnell hatten wir elf Modelle. Das war schon sehr überraschend.

In solchen Situationen spreche ich dann ganz gerne von dem Heiligen Geist, denn das hat eine Eigendynamik entwickelt, die Dimensionen angenommen hat, die unsere Ideen weit übertroffen haben.

DOMRADIO.DE: Eine Jury hat entschieden, welches Modell am meisten Potenzial hat. Wie sieht denn der Siegerentwurf aus?

Kaulig: Das Modell hat die Grundform eines Kastens, der noch ein Stück nach oben gezogen ist, es ist also asymmetrisch. Manche Seiten ergeben ein Trapez, sodass man die Idee einer Kirche, die irgendwo eine Spitze oder ein Turm hat, darin erkennen kann.

Innenraum des Tiny Church Modells / © Dierk Hartleb  (Kath. Kirchengemeinde St. Bartholomäus Ahlen)
Innenraum des Tiny Church Modells / © Dierk Hartleb ( )

Die "Tiny Church" soll komplett aus Holz bestehen. Wenn man reinkommt, steht man in einem großen leeren Raum. So groß, wie es eben auf dem Anhänger möglich ist. 

Keine Seiten werden verschenkt und die Bänke und auch den Altar kann man aus der Wand ausklappen und wieder komplett bündig in die Wand einklappen. Eine Wand kann für Situationen, in denen man draußen steht, nach außen geöffnet werden. Ich bin selbst gespannt, wie das dann in der Praxis funktioniert.

DOMRADIO.DE: Die Größen-Daten liegen bei ungefähr sieben mal zweieinhalb Metern. Sie sagen, man kann nicht nur den Innenraum nutzen, sondern das alles ein bisschen öffnen. Auf diese Weise kann man auch mit mehreren Leuten halb in der Kirche oder an dieser Kirche stehen.

Pfarrer Dr. Ludger Kaulig (St. Bartholomäus in Ahlen)

"Auf diese Weise kann man zu Leuten hinfahren, die nicht mehr gut alleine zur Kirche kommen können"

Kaulig: Genau, die Ausgangsidee war, dass wir auf dem Land Gottesdienste feiern. Da ist es wichtig, dass man die Minikirche öffnen kann, damit sich die Gemeinde drumherum versammeln kann. Das hat der Entwurf ziemlich gut verwirklicht.

Und dann kam erst die zweite Idee. Bei deutschem Wetter kann man sich nicht unbedingt jeden Tag draußen aufhalten. Dann sollte die mobile Kirche zumindest auch als Innenraum verwendbar sein.

Auf diese Weise kann man zu Leuten hinfahren, die nicht mehr gut alleine zur Kirche kommen können oder die ein Fest zu Hause haben, zum Beispiel ein Straßenfest. Dadurch können wir kleine Andachten anbieten. Die Formen sind aber offen, was den Gottesdienst angeht.

DOMRADIO.DE: Einen Glockenturm gibt es nicht. Aber gibt es vielleicht schon die Idee, die "Tiny Church" irgendwie erklingen zu lassen?

Kaulig: Interessanterweise hat keiner der Entwürfe einen Glockenturm eingeplant. Wahrscheinlich, weil die alle wegen des Luftwiderstands und Brücken an die Höhe gedacht haben. Bei einem Modell einer Studierenden hätte es eine gute Möglichkeit gegeben. Wir forschen noch daran, wahrscheinlich wird das über Lautsprecher oder Ähnliches laufen müssen.

DOMRADIO.DE: Bislang gibt es ausschließlich Entwürfe, aber Sie beabsichtigen auch den Bau von so einer Minikirche auf Rädern. Wie realistisch ist das denn, wenn man die Kosten in den Blick nimmt? 

Kaulig: Für Privatpersonen ist 50.000 bis 70.000 Euro schon ein ordentlicher Betrag. Wir müssen also schon gucken, wie das mit der Finanzierung läuft. Vom Bistum gibt es, so hoffen wir, Zuschüsse für innovative Projekte. Auch die örtliche Volksbank unterstützt uns bei dem Crowdfunding.

Vielleicht sind auch bei Ihren Leserinnen und Lesern einige dabei, die gerne für unser Projekt spenden würden. Ansonsten müssen wir natürlich auch Geld sammeln und hoffen, dass wir die Finanzierung gestemmt bekommen. 

Das Interview führte Tobias Fricke.

Quelle:
DR