Queerbeauftragter sieht Mitschuld der Kirche an Anfeindungen

"Homosexualität gilt nicht nur im Islam als Sünde"

Er hat es selbst erfahren. Die katholische Kirche trägt aus Sicht des ersten Berliner Queerbeauftragten Alfonso Pantisano eine Mitverantwortung für Anfeindungen gegen trans- und homosexuelle Personen. Welche Gründe führt er an?

Homosexuelles Paar und eine Regenbogenfahne / © PeopleImages.com - Yuri A (shutterstock)
Homosexuelles Paar und eine Regenbogenfahne / © PeopleImages.com - Yuri A ( shutterstock )

"Homosexualität gilt nicht nur im Islam als Sünde, sondern mindestens genauso in der katholischen Kirche", sagte der SPD-Politiker im Interview der "Welt" (Mittwoch). Dafür verwies er etwa auf Äußerungen des ehemaligen Papstes Benedikt XVI. gegen homosexuelle Menschen.

Mitverantwortung der Kirche auch in eigenem Leben

Auch, dass er selbst nach seinem Coming-out als homosexuell von seinen italienischstämmigen Eltern vor die Tür gesetzt worden war, führt er auf deren Bindung zur katholischen Kirche zurück.

"Meine Eltern hätten mir niemals diese seelische Gewalt angetan, wenn sie nicht ihr Jesus-Kreuz auf dem Nachttisch gehabt hätten", betonte Pantisano. Erst 17 Jahre später hätten seine Eltern ihn und seinen Partner zum ersten Mal zu Weihnachten eingeladen.

Nicht nur Muslime können queerfeindlich sein

Der Queerbeauftragte warnte davor, LGBTQ-Feindlichkeit nur jungen Männern aus muslimisch-migrantischen Familien zuzuschreiben. "Das spezifische Problem sind Religionen, in denen es angebliche Sünder gibt, die ausgegrenzt oder gar vernichtet werden müssen", so Pantisano. "So wie mich hier in Berlin viele Muslime ablehnen könnten, tun es in Rom mindestens genauso viele Katholiken."

Dennoch merke er auch selbst, dass es gerade in der Bundeshauptstadt ein Problem mit Queerfeindlichkeit gebe. "Sichtbarkeit bedeutet für unsere Communitys leider auch immer Gefahr", betonte der Politiker.

2022 mehr Angriffe gegen queere Menschen

Queere Menschen in Deutschland sind offenbar auch sechs Jahre nach Einführung der Ehe für alle von Gewalt bedroht. 2022 habe es einen Anstieg auf 1.400 solcher Straftaten gegeben, kritisierte die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg, am Mittwoch. "Die Dunkelziffer ist deutlich höher - täglich werden queere Menschen beleidigt, ausgegrenzt und bedroht", erklärte die Grünen-Politikerin anlässlich des Internationalen Tags gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit.

Im ostafrikanischen Kenia droht Homosexuellen eine Höchststrafe von 14 Jahren Gefängnis / © DisobeyArt (shutterstock)
Im ostafrikanischen Kenia droht Homosexuellen eine Höchststrafe von 14 Jahren Gefängnis / © DisobeyArt ( shutterstock )
Quelle:
KNA