Rabbiner beunruhigt über Papst-Worte zu Völkermord-Untersuchung

"Heimliche Propaganda"

Der Begriff Völkermord wird laut der Europäischen Rabbinerkonferenz genutzt, um Verantwortung auf die Opfer zu verlagern. Sie kritisiert Völkermord-Vorwürfe gegen Israel scharf. Und blickt auch auf jüngste Papst-Äußerungen.

Papst Franziskus mit einer Delegation der Europäischen Rabbinerkonferenz (CER) am 6. November 2023 im Vatikan. / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus mit einer Delegation der Europäischen Rabbinerkonferenz (CER) am 6. November 2023 im Vatikan. / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Die Europäische Rabbinerkonferenz hat sich angesichts jüngster Äußerungen von Papst Franziskus zum Krieg im Gazastreifen "zutiefst beunruhigt" gezeigt. "Auch wenn man über die Wirksamkeit des laufenden Krieges Israels gegen die Hamas streiten kann, so bleibt er doch eine militärische Antwort auf den Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 und die ausdrückliche Drohung der Hamas, diesen wahllosen mörderischen Amoklauf zu wiederholen, wann immer sie kann", erklärte die Rabbinerkonferenz am Dienstag in München. "Während Israel dem humanitären Völkerrecht verpflichtet ist, die Hamas jedoch jede Norm dieses Rechts verletzt."

Israel führe einen "Verteidigungskrieg gegen einen barbarischen Feind, der von keinem westlichen Rechtskodex und keiner Kriegskonvention gezügelt wird", betonten die Rabbiner. Das Land kämpfe zudem für die Rückkehr von 101 Geiseln. Aus Sicht der Rabbiner könne Israel für "seine militärischen Maßnahmen zur Selbstverteidigung" nicht des Völkermords bezichtigt werden.

Papst: "Wir sollten sorgfältig prüfen"

Der Papst hatte sich dafür ausgesprochen, die aktuellen Ereignisse im Gazastreifen eingehend zu untersuchen. "Nach Ansicht einiger Experten weist das Geschehen in Gaza die Merkmale eines Völkermords auf", so Franziskus in einem neuen Buch. "Wir sollten sorgfältig prüfen, ob es in die von Juristen und internationalen Gremien formulierte technische Definition passt." Israel, dessen Kriegsführung gegen die Terrorgruppe Hamas im Gazastreifen manche Kritiker als Genozid bezeichnen, erwähnt der Papst nicht direkt.

"In der heutigen Zeit, in der die freie Welt und die westliche Zivilisation von Diktaturen angegriffen werden, ist die Führung des Papstes gefragt, um Freiheit und Demokratie zu verteidigen", so die Rabbinerkonferenz, die nach eigenen Angaben rund 1.000 Mitglieder und 800 aktive Rabbiner der orthodoxen Richtung vertritt.

"Heimliche Propaganda"

Der Begriff "Völkermord" werde heute als "heimliche Propaganda" benutzt, um Verantwortung von den Tätern auf die Opfer zu verlagern. "Der Massenmord durch die Hamas und ihre Kollaborateure, wie er in ihrem Pakt der Islamischen Widerstandsbewegung von 1988 zum Ausdruck kommt, zeigt, dass die Aggressoren im Gegensatz zu Israel durchaus einen Völkermord beabsichtigen, diesen versucht haben und weiterhin versuchen wollen", hieß es.

Menschenrechte

Menschenrechte sprechen jeder Person die gleichen Rechte und Freiheiten zu - unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, Weltanschauung oder politischer Haltung. Sie gelten von Geburt an und können nicht verwirkt werden. Als Basis gilt die "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte", die von den Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 als politische Willenserklärung verabschiedet wurde. An diesen wichtigen Meilenstein erinnert alljährlich der Tag der Menschenrechte

Menschenrechte werden vielerorts eingeengt / © Jens Büttner (dpa)
Menschenrechte werden vielerorts eingeengt / © Jens Büttner ( dpa )
Quelle:
KNA