Ramadan-Beleuchtung in Deutschland sollte man gelassen sehen

In Islam-Ländern wird auch für christliche Feste geschmückt

Ja, Christen in islamischen Ländern werden oft übel diskriminiert. Und ja, die Integration von Muslimen in Deutschland hat Defizite. Trotzdem taugt Ramadan-Schmuck in deutschen Städten nicht als Aufreger.

Autor/in:
Christoph Schmidt und den KNA-Korrespondenten
Straßenhändlerin mit Weihnachtsschmuck in Manila / © Michael Lenz (KNA)
Straßenhändlerin mit Weihnachtsschmuck in Manila / © Michael Lenz ( KNA )

In diesen Tagen geht der islamische Fastenmonat Ramadan in die zweite Hälfte. Laut einer Studie beteiligen sich vier Fünftel der Musliminnen und Muslime in Deutschland etwa ab ihrem 14. Lebensjahr am Verzicht auf Essen und Trinken zwischen Morgendämmerung und Sonnenuntergang. 

Dass Frankfurt und Köln aus Anlass des heiligen Monats erstmals Straßen beleuchten, hat für Kritik gesorgt. Funkelnde Halbmonde und "Happy Ramadan"-Geglitzer sehen viele als Anbiederung an den Islam und falsche Toleranz gegenüber einer teils wenig integrierten Minderheit.

Lichterglanz auch zu Weihnachten

Ein häufiges Argument: Christen in muslimischen Ländern könnten ihre Feste in der Öffentlichkeit kaum feiern, während die Mainmetropole mal eben bis zu 100.000 Euro für orientalisches Brauchtum springen lässt. Ein Blick in die islamische Welt zeigt jedoch ein vielfältigeres Bild.

Im Nahen Osten, der Wiege des Christentums, wo Christen bis heute mehr oder weniger große Minderheiten bilden, ist nicht nur das religiöse Leben fast uneingeschränkt möglich. Zum populärsten christlichen Fest, Weihnachten, schmücken sich die meisten großen Städte der Region auch in typisch abendländischem Lichterglanz.

Bethlehem-Sterne über den Straßen Kairos oder Alexandrias und rot-weiß gewandete Weihnachtsmänner am Nilufer gehören in Ägypten ganz selbstverständlich zur vorweihnachtlichen Kulisse. Dort leben sechs bis acht Millionen koptische Christen. Im Alltag werden sie oft diskriminiert, doch am Weihnachtsfest nehmen der Staat wie auch privat viele Muslime Anteil. Ähnlich sieht es in Jordanien und Syrien aus, wo Christen noch sechs bis zehn Prozent der Bevölkerung ausmachen und üppig geschmückte Christbäume auf den Plätzen von Damaskus oder Amman festliche Stimmung verbreiten.

Ostern wird kritischer gesehen

Strenge Islamgelehrte bewerten es als "haram", also verboten, dass Muslime Christen zu deren religiösen Festen gratulieren oder Geschenke austauschen. In einer historischen Fatwa erklärte die renommierte Kairoer Azhar-Universität dies 2019 jedoch für erlaubt. Weihnachten löst dabei weniger theologische Kontroversen aus als das Osterfest. Denn Muslime verehren Jesus zwar als Propheten, dessen Geburt man gedenken kann, halten ihn aber nicht für Gottes Sohn und verneinen seine Kreuzigung und Auferstehung.

Davon abgesehen hat Weihnachten als globales Konsum-Event inzwischen auch in muslimischen Ländern ohne größere christliche Bevölkerung voll eingeschlagen. Von Marokko bis Malaysia, selbst in den erzkonservativen Golfstaaten füllt im Dezember allerlei Weihnachtskitsch die Shopping Malls, wirbt Istanbul mit einem Weihnachtsmarkt und tragen die Palmen in Riad und Dubai Lichterketten.

Weihnachten ist nicht nur Symbolik

In Pakistan, wo Fundamentalisten immer wieder Pogrome und Anschläge gegen die wenigen Christen entfesseln, wird auch die Botschaft von Liebe und Versöhnung aufgegriffen: In den vergangenen Jahren schickte die staatliche Eisenbahn vor Heiligabend einen "Christmas Train" durchs Land, geschmückt mit weihnachtlichen Motiven und Slogans für den Frieden zwischen den Religionen. Karfreitag, Ostermontag und zweiter Weihnachtstag sind in dem Land regionale oder gesetzliche Feiertage.

Ähnliches gilt für Bangladesch und das bevölkerungsreichste islamische Land, Indonesien. Dort dürfen Christen beim bevorstehenden Osterfest ihren Erlöser erstmals wieder mit dem indonesischen Namen "Yesus Kristus" feiern. Seit 1953 war ihnen dafür die arabisch-islamische Bezeichnung "Isa al-Masih" vorgeschrieben.

Weihnachten ist eine Tradition

Und noch ein Blick in den Senegal: In dem westafrikanischen Land gehören fast alle Einwohner Sufi-Bruderschaften an, die als besonders tolerant gelten. Obwohl durch und durch muslimisch, hat Senegal christliche Feiertage von der einstigen Kolonialmacht Frankreich übernommen. 

Vor dem 25. Dezember gehen in Supermärkten der Hauptstadt Dakar Plastikweihnachtsbäume mit Kunstschnee, beleuchtete Rentiere und Christbaumkugeln über den Ladentisch. Zur Kundschaft gehören nicht nur Christen, sondern auch muslimische Familien, für die das Weihnachtfest ebenfalls zur Tradition geworden ist.

Weihnachten ist auch im Stadtbild sichtbar: Unternehmen schmücken ihre Filialen mit Weihnachtsmännern, Leuchtreklamen wünschen fröhliche Festtage und ein frohes neues Jahr. So steht es auch auf zahlreichen Grußkarten. Dass kleine Minderheiten ihre religiösen Feiertage groß feiern können, hängt auch mit Leopold Sedar Senghor zusammen. Der erste Präsident war von 1960 bis 1980 an der Macht. Dass er Katholik war, hat niemanden gestört.

Quelle:
KNA
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