Die katholischen Bischöfe Deutschlands haben das vom Vatikan veröffentlichte Studiendokument zur Stellung des Papstes als "wichtigen Impuls für den ökumenischen Dialog" gewürdigt.
Der Vorsitzende der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Gerhard Feige, erklärte am Donnerstag in Bonn, er erwarte sich von den Anregungen des Papiers "eine neue Dynamik" – sowohl für die innerkatholische Klärung als auch für die ökumenische Diskussion: "Dabei geht es um die wechselseitige Zuordnung von Primat und Synodalität, aber auch die Entwicklung neuer synodaler Formen im Miteinander der Kirchen."
Bischof Feige begrüßt sichtbare ökumenische Zeichen
Feige verwies darauf, dass das Dokument einen Zusammenhang zwischen der Synodalität innerhalb der katholischen Kirche – also der gemeinschaftlichen Beratung und Entscheidung – und der Synodalität im Verhältnis der christlichen Kirchen zueinander aufzeige. Synodalität in der katholischen Kirche müsse auf allen Ebenen noch besser entwickelt werden, sagte der Magdeburger Bischof: "Das schließt auch eine Stärkung der Bischofskonferenzen ein."
Feige begrüßte, dass das Dokument für die Zukunft regelmäßige Treffen der Patriarchen und Kirchenleitungen vorschlage: "Auf diese Weise würde die Synodalität zwischen den Kirchen gestärkt und ein sichtbares ökumenisches Zeichen gesetzt."
Kirchenhistoriker Wolf reagiert mit Skepsis
Der Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf reagiert auf das neue Vatikan-Dokument zur Stellung des Papstes mit deutlicher Skepsis. "Die Revolution ist ausgeblieben", sagte er am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Münster.
Positiv an dem im Vatikan veröffentlichten Text sei, dass ein römisches Dokument erstmals die abweichenden Haltungen der übrigen christlichen Kirchen zur Vorrangstellung des Papstes mit großer Wertschätzung veröffentliche und beschreibe. Zugleich sieht Wolf in dem Papier mit dem Titel "Der Bischof von Rom" aber keinerlei verbindliche Perspektive und rechtliche Vorschläge, wie das Papstamt konkret anders ausgeübt werden könnte. "Von einer neuen Lehre oder einer Revision der alten Lehre kann keine Rede sein."
Stiländerung bei Interpretation des Unfehlbarkeitsanspruchs
Das von der Ökumene-Behörde des Papstes unter Federführung des Schweizer Kardinals Kurt Koch erarbeitete Papier bedeute eine Stiländerung bei der Interpretation des Unfehlbarkeitsanspruchs und des Jurisdiktionsprimats des Papstes. So plädiere der Text sehr blumig dafür, das Unfehlbarkeitsdogma im Licht der Synodalität zu interpretieren.
Zugleich verweise der Text auf symbolische Gesten der Wertschätzung und der Liebe, die die Päpste in den vergangenen Jahrzehnten den anderen christlichen Kirchen gegenüber gezeigt hätten.
Dokument hält an bestehenden Beschlüssen fest
Auf der anderen Seite aber halte das Dokument voll und ganz an den Beschlüssen zum Primat des Papstes und zur päpstlichen Unfehlbarkeit fest, die das Erste Vatikanische Konzil (1869-1870) beschlossen und das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) bestätigt habe, sagte Wolf.
Andere Modelle kirchlicher Leitung, die es in der katholischen Tradition gebe, würden nicht zur Diskussion gestellt, sagte der Kirchenhistoriker etwa mit Blick auf das Konzil von Konstanz (1414-1418), das drei konkurrierende Päpste abgesetzt und einen neuen gewählt habe. Damals habe sich die Gemeinschaft der Bischöfe als eigenständige Größe gegenüber dem Papst definiert.
Nur Papst selbst kann laut Wolf die eigene Vollmacht beschränken
Auch ziehe das Dokument keine konkreten Konsequenzen daraus, dass Papst Franziskus zuletzt allein auf seinem Titel "Bischof von Rom" beharrt und andere Titel wie "Stellvertreter Christi" im Päpstlichen Jahrbuch 2020 herabgestuft habe. Wolf äußerte zugleich Zweifel, ob die Ökumene-Kommission des Vatikans überhaupt eine Reform des Papstamtes in die Wege leiten könne.
Innerhalb des kirchlichen Systems könnte nur der Papst selber als Inhaber der höchsten Vollmacht seine eigene Vollmacht beschränken, sagte Wolf.