Das Gebetsanliegen des Papstes für den Januar

Religionen im Dienst der Menschenwürde und Geschwisterlichkeit

Statistisch gesehen sind die Christen die weltweit am meisten verfolgte Religionsgemeinschaft. Im Januar lädt der Papst dazu ein, für alle zu beten, "die unter religiöser Diskriminierung und Verfolgung leiden".

Autor/in:
Martin Maier SJ
Großes Holzkreuz am Ortseingang von Karakosch, Irak (Archiv) / © Jean-Matthieu Gautier (KNA)
Großes Holzkreuz am Ortseingang von Karakosch, Irak (Archiv) / © Jean-Matthieu Gautier ( KNA )

In fast allen Religionen werden Menschen um ihres Glaubens willen verfolgt und getötet - dies nicht nur aus politischen oder ideologischen Gründen, sondern auch von Angehörigen anderer Religionen. Dazu nur einige Beispiele: In Indien verfolgen fundamentalistische Hindus die muslimische Minderheit, in China werden Christen drangsaliert und inhaftiert, in Afrika werden Angehörige von Stammesreligionen von christlichen Fundamentalisten diskriminiert.

Christen sind am meisten verfolgte Religionsgemeinschaft

Statistisch gesehen sind die Christen die weltweit am meisten verfolgte Religionsgemeinschaft. Einer Untersuchung zufolge sind sie in 111 Ländern der Erde besonderer Benachteiligung und Verfolgung ausgesetzt. Vor allem in Nordkorea, Somalia und Afghanistan leben Christen derzeit in ständiger Todesangst. Verfolgte Christen berichten immer wieder davon, wie bestärkend für sie das Wissen ist, dass für sie gebetet wird.

Papst Franziskus nimmt bei seinem Blick auf religiöse Diskriminierung und Verfolgung ganz bewusst eine interreligiöse Perspektive ein. Fundamentalismus gibt es in allen Religionen. Doch Gott kann von keiner Religion dafür in Anspruch genommen werden, Menschen zu diskriminieren, zu verfolgen und zu töten.

Von einem eindrücklichen Erlebnis berichtet der Friedensnobelpreisträger Adolfo Perez Esquivel, der während der Diktatur in Argentinien verhaftet wurde. In einer Folterzelle fand er an einer Wand die Inschrift: Gott tötet nicht. Ein Gefangener hatte diese Worte mit seinem eigenen Blut geschrieben. Für Perez Esquivel ist dies der größte Glaubensakt, dem er begegnet ist. Gott ist ein Gott des Lebens.

"Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen verfolgt werdet"

Auch Jesus Christus hat sich vehement gegen die religiöse Rechtfertigung von Verfolgung und Tötung von Menschen gewandt: "Sie werden euch aus der Synagoge ausstoßen, ja es kommt die Stunde, in der jeder, der euch tötet, meint, Gott einen heiligen Dienst zu leisten. Das werden sie tun, weil sie weder den Vater noch mich erkannt haben." (Joh 16,2f.) In den Seligpreisungen geht er noch einen Schritt weiter: "Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein. Denn so wurden vor euch schon die Propheten verfolgt." (Mt 5, 11f.)

Mindestens sechs der Propheten Israels wurden umgebracht. Wegen ihrer Anprangerung von Ungerechtigkeit, Götzendienst und Korruption galten sie als Störer der politischen und religiösen Ordnung. In ihre Tradition stellte sich Jesus. Er wurde verfolgt und schließlich umgebracht, weil er die Barmherzigkeit wichtiger nahm als religiöse Gesetze und weil er im Namen Gottes entschieden Partei ergriff für die Armen, die Ausgegrenzten und die sozial Stigmatisierten.

Quelle im Evangelium 

Papst Franziskus unterstreicht in seiner Enzyklika "Fratelli tutti", was fast allen Religionen gemeinsam ist: Sie sehen die Menschen als Geschöpfe Gottes. Als Geschöpfe stehen wir in einer Beziehung der Geschwisterlichkeit, und damit stehen die Religionen im Dienst an der Geschwisterlichkeit in der Welt. Im Dialog und mit offenem Herzen gegenüber der Welt können wir Geschwisterlichkeit und soziale Freundschaft aufbauen.

In Offenheit gegenüber dem Vater aller erkennen wir unsere universale Verbundenheit als Brüder und Schwestern. Einen besonderen Ton in das Konzert des interreligiösen Dialogs bringt die "Musik des Evangeliums": Für Christen liegt die Quelle der Menschenwürde und der Geschwisterlichkeit im Evangelium Jesu Christi, das unser Handeln und unser Engagement inspiriert.


Quelle:
KNA
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