Religionsgemeinschaften begehen die Schöpfungszeit

Ein Thema für alle Generationen

Am 1. September beginnt im Kirchenjahr die Schöpfungszeit. Einen Monat lang sind Gläubige aufgerufen, für die Schöpfung zu beten. Für Benjamin Gerlich, Referent für Ökumene in Köln, ein gesamtgesellschaftliches und globales Thema.

Symbolbild Eine Frau betet in der Natur / © Malivan_Iuliia (shutterstock)
Symbolbild Eine Frau betet in der Natur / © Malivan_Iuliia ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Die Schöpfungszeit im Kirchenjahr gibt es seit ungefähr 30 Jahren. Wie ist es dazu gekommen? 

Benjamin Gerlich (Referent für Ökumene im Erzbistum Köln): Die Tradition ist sozusagen im Umbruch entstanden, als sich Ost- und Westeuropa wieder angenähert haben. Das Ganze ging auf die Initiative des damaligen ökumenischen Patriarchen Dimitrios zurück. Er hat darum gebeten, für die Schöpfung zu danken und für sie zu beten. Dieser Appell ging aber nicht nur an die Orthodoxie, sondern an die gesamte Christenheit.

Benjamin Gerlich

"Das Thema Schöpfung und Bewahrung der Schöpfung ist eben nicht nur ein Thema der Kirchen, sondern eben ein gesamtgesellschaftliches, ja, ein globales Thema."

Die Orthodoxie geht davon aus, dass der 1. September der wirkliche Tag der Schöpfung Gottes ist. Mit der Zeit entwickelte sich die Tradition aber weiter vom Schöpfungstag hin zu einer Schöpfungszeit. Diese Schöpfungszeit steht im konziliaren Prozess für die Bewahrung der Schöpfung, der Gerechtigkeit und des Friedens. 

DOMRADIO.DE: Die Schöpfungszeit ist bei vielen Gläubigen aber recht unbekannt.

Statue des Heiligen Franz von Assisi / © Paoloesse (shutterstock)
Statue des Heiligen Franz von Assisi / © Paoloesse ( shutterstock )

Gerlich: Ja, richtig. Im Grunde genommen möchten vor allen Dingen die Arbeitsgemeinschaften christlicher Kirchen, die ACKs, diese Schöpfungszeit immer mehr voranbringen. Denn das Thema Schöpfung und Bewahrung der Schöpfung ist nicht nur ein Thema der Kirchen, sondern ein gesamtgesellschaftliches, ja, ein globales Thema.

Daraus entsteht nochmal ein besonderer Auftrag an uns Kirchen. Denn wir erkennen in der Schöpfung nicht nur eine uns umgebende Natur, sondern die Schöpfung unseres Gottes, unseres Herrn. 

DOMRADIO.DE: Der 1. September ist der Schöpfungstag. Daraus hat sich dann ein Zeitraum entwickelt, sodass die Schöpfungszeit dann fünf Wochen dauert. Warum bis zum 4. Oktober? 

Benjamin Gerlich: Der 4. Oktober ist der Gedenktag des heiligen Franz von Assisi, der der Schutzpatron der Tiere und der Natur ist. 

Benjamin Gerlich

"Fülle ist uns genau dann verheißen, wenn wir an Gott glauben und an seine Verheißung."

DOMRADIO.DE: Die Schöpfungszeit steht in diesem Jahr unter dem Motto "Leben in Fülle". Das ist ein Zitat aus dem Johannesevangelium. Jetzt ist wahrscheinlich mit Fülle nicht gemeint, dass jeder so viele Ressourcen verbraucht, wie er will.

Symbolbild Klimaschutz / © StockerThings (shutterstock)
Symbolbild Klimaschutz / © StockerThings ( shutterstock )

Gerlich: Genau richtig. Dem Leben in Fülle steht das Leben in Mangel gegenüber. Denn das Leben in Fülle, wie wir es gerade in der westlichen Welt führen, führt auch zu einem Mangel, nämlich einem Mangel an Ressourcen, an Land und Wohnfläche, aber eben auch an Solidarität und Hoffnung.

Fülle ist uns aber genau dann verheißen, wenn wir an Gott glauben und an seine Verheißung. Denn Jesus sagt uns ja: Damit ihr das Leben in Fülle habt. 

DOMRADIO.DE: Am Samstag feiern Weihbischof Rolf Steinhäuser und die Oberkirchenrätin Wiebke Janssen den ökumenischen Schöpfungsgottesdienst in Sankt Maria im Kapitol in Köln ab 16.30 Uhr. Sie haben daran mitgearbeitet. Was ist geplant? 

Gerlich: Wir haben besonders Wert darauf gelegt, Schöpfung zu einem über-generationalen Thema zu machen. Wir fragen: Was bedeutet es für uns Christen, Junge und Ältere, uns mit der Schöpfung auseinanderzusetzen? Nehmen wir sie als Geschenk auch wirklich wahr? Bitten wir und setzen wir uns auch für den Schutz ein?

Daraus entwickelte sich dann ein meiner Meinung nach sehr schöner Gottesdienstablauf, der besonders herausstellt, dass das Thema für junge Menschen genauso wichtig ist wie für die Älteren. 

Das Interview führte Tobias Fricke.

Quelle:
DR