Restaurierter Bronze-Baldachin im Petersdom wird enthüllt

Barocker Glanz für die Ewigkeit

Wird der Bernini-Baldachin im Petersdom rechtzeitig zum Heiligen Jahr 2025 fertig? So die bange Frage vieler beim Anblick des wegen Restaurierung verhüllten Monuments. Jetzt sollen Gerüst samt Hülle Geschichte sein.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
Blick von oben auf den Bronzebaldachin von Gian Lorenzo Bernini über dem Hauptaltar im Petersdom im Vatikan / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Blick von oben auf den Bronzebaldachin von Gian Lorenzo Bernini über dem Hauptaltar im Petersdom im Vatikan / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Giorgio Gabriotti wird sie vermissen, all die Erzengel und Putten, Bienen und Blätter, denen er so nahe gekommen ist wie kaum jemand in mehr als 250 Jahren. "Es ist eine Ehre und ein Privileg, dem Meisterwerk von Gian Lorenzo Bernini neuen Glanz verleihen zu dürfen", sagt der Restaurator der Vatikanischen Dombauhütte. Am Sonntag soll nun die Welt das Ergebnis der achtmonatigen Team-Arbeit bewundern können: Dann wird der vor 400 Jahren geschaffene Bronze-Baldachin im Petersdom in all seiner neuen alten Pracht feierlich enthüllt.


"Wie vor einer Hochzeit"

Die Restaurierung des fast 30 Meter hohen und 63 Tonnen schweren Baldachins über dem Hauptaltar ist eines der Großprojekte zum Heiligen Jahr 2025, das Papst Franziskus am 24. Dezember eröffnen will. "Wenn in einer Familie Hochzeit gefeiert wird, macht man das Haus sauber und kauft neue Kleider", sagt Pater Enzo Fortunato, Sprecher der Papstbasilika. "Genauso bereiten wir den Petersdom für das Heilige Jahr vor." 

Die päpstliche Tiara, Detail am Bronzebaldachin von Gian Lorenzo Bernini, am 8. Oktober 2024 im Petersdom im Vatikan / © Paolo Galosi/Romano Siciliani/KNA (KNA)
Die päpstliche Tiara, Detail am Bronzebaldachin von Gian Lorenzo Bernini, am 8. Oktober 2024 im Petersdom im Vatikan / © Paolo Galosi/Romano Siciliani/KNA ( KNA )

Für die mehr als 32 Millionen erwarteten Gäste soll das barocke Opus aus Bronze, Marmor, Holz und Gold genauso schön sein wie bei seiner Vollendung 1635. Auch die Symbolkraft des Monuments, hoch wie ein zehnstöckiges Haus, könnte kaum größer sein: Es verbindet das Grab des Apostels Petrus tief in den Vatikanischen Grotten mit der 117 Meter hohen Hauptkuppel der wichtigsten Kirche der Welt.

Vom Marmorsockel bis zu Weltkugel und Kreuz

Doch die täglich rund 60.000 Besucher lassen neben ihrer Bewunderung auch Schmutz, Haar- und Hautpartikel im Petersdom. Zusammen mit Staub und Ölen hatte sich all das auf dem Ausnahmekunstwerk eingebrannt und es matt werden lassen, von den Marmorsockeln bis zu Weltkugel und Kreuz, hoch oben auf der zwiebelförmigen Spitze. Die veranschlagten Kosten von 700.000 Euro übernehmen die Kolumbusritter, eine konservative US-amerikanische Vereinigung von Katholiken.

Und so analysierten, fotografierten, filmten und kartierten seit dem Frühjahr Wissenschaftler von Universitäten und den Vatikanischen Museen jede Putte, Quaste und Statue am Baldachin. Seit der letzten Restaurierung 1758 kam ihm niemand so nah. Die leicht transparenten Planen ließen das Metallgerüst wie ein Objekt des Verpackungskünstlers Christo erscheinen. Dahinter waren die Restauratoren und sonstigen Fachleute mehr zu ahnen als zu sehen, während sie sich langsam von oben nach unten vorarbeiteten, ausgerüstet mit Skalpellen, Eisenbürstchen, Mikrobohrern und Vibrationsgravierern.

Papst Urban VIII. als Auftraggeber

Dabei kam es ihnen auf Werktreue an, betont Restaurator Gabriotti: "Der Baldachin zeigt sich jetzt genauso, wie ihn Bernini konzipierte." Ganz in der Manier der Zeit sparte der nicht mit prunkvollen Details: Die je vier Meter großen Engel an den Ecken des Dachs sind in dramatischen Gesten erstarrt; allein für ihre Restaurierung brauchte das Team einen Monat, berichtet Gabriotti. 

An den spiralförmigen Säulen ranken goldene Oliven- und Lorbeerzweige empor. Die Marmorsockel zeigen an den Außenseiten die päpstliche Krone sowie die Schlüssel Petri als Zeichen für das Papsttum. Zahlreiche Bienen, Wappentiere des Adelsgeschlechts der Barberini, erinnern an die Familie des Auftraggebers, Papst Urban VIII. (1623-1644).

Der hölzerne Thron "Stuhl des heiligen Petrus", Artefakt aus dem Mittelalter und Teil der von Gian Lorenzo Bernini geschaffenen barocken Kathedra Petri / © Paolo Galosi/Romano Siciliani (KNA)
Der hölzerne Thron "Stuhl des heiligen Petrus", Artefakt aus dem Mittelalter und Teil der von Gian Lorenzo Bernini geschaffenen barocken Kathedra Petri / © Paolo Galosi/Romano Siciliani ( KNA )

Einer seiner Nachfolger, Papst Alexander VII. (1655-1667), beauftragte Bernini mit einem weiteren Bronze-Kunstwerk: die 1666 vollendete "Cathedra Petri" in der Hauptapsis des Petersdoms, die ebenfalls restauriert wird. In das in barocker Fülle überfließende Ensemble aus Statuen und Ornamenten hatte Bernini den auf das 1. Jahrhundert datierten Papst-Thron integriert. Der schlichte Holzstuhl mit Elfenbein-Intarsien wird derzeit in der Ottoboni-Sakristei des Petersdom aufbewahrt. Am 8. Dezember soll er in die dann fertiggestellte Cathedra zurückkehren.

Frauen stellen die Hälfte des Teams

Unterhalb des auffälligen orange-gold strahlenden Apsisfensters mit der Taube als Symbol des Heiligen Geistes erhalten derzeit die Statuen der Kirchenväter Johannes Chrysostomus, Athanasius, Ambrosius und Augustinus wieder ihren goldenen Glanz. "Hier sieht man den Kontrast zwischen den oxidierten und bereits aufgefrischten Teilen sehr gut", weist Restauratorin Elisabetta de Narda auf die teils noch schmutzig-braune Mitra des Heiligen Athanasius. Etwa die Hälfte des 16-köpfigen Teams seien Frauen, betont sie nicht ohne Stolz - auch wenn das eigentlich "völlig normal" sei, so die junge Frau.

Der leitende Ingenieur Alberto Capitanucci ist sehr zufrieden mit der Arbeit seiner Leute. Die entdeckten auch Unerwartetes: zum Beispiel einen Einkaufszettel, den ein Arbeiter bei der letzten Restaurierung 1758 hinterlassen haben muss. Der Mann sollte noch Brot und Tomaten besorgen.

Heiliges Jahr

Das Heilige Jahr ist ein Jubiläumsjahr in der katholischen Kirche. Es wird regulär alle 25 Jahre begangen. Biblisches Vorbild ist das Jubeljahr (Levitikus 25), ein alle 50 Jahre begangenes Erlassjahr. Das erste Heilige Jahr wurde 1300 von Papst Bonifatius VIII. (1294-1303) ausgerufen. Ursprünglich als Jahrhundertereignis gedacht, wurde es zunächst im Abstand von 50 und dann 33 Jahren wiederholt. Der Rhythmus von 25 Jahren besteht seit 1470.

Pilger gehen durch die Heilige Pforte (2015) / © Cristian Gennari (KNA)
Pilger gehen durch die Heilige Pforte (2015) / © Cristian Gennari ( KNA )
Quelle:
KNA