Zunehmende Kritik an Kardinal Müller

Ruf nach Distanzierung

Nach Interview-Aussagen zur Corona-Pandemie steht Kardinal Gerhard Ludwig Müller in der Kritik. Dabei benutzte er Formulierungen mit Anklängen an Verschwörungsmythen. So sprach er von Versuchen, die Menschen "gleichzuschalten".

Kardinal Gerhard Ludwig Müller (m.) im Gespräch (Archiv) / © Paul Haring (KNA)
Kardinal Gerhard Ludwig Müller (m.) im Gespräch (Archiv) / © Paul Haring ( KNA )

Nach Worten des Antisemitismus-Beauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, kommt den Kirchen während der Pandemie eine besondere Verantwortung zu. Mit Besonnenheit könnten sie insbesondere jenen Menschen helfen, die mit Unsicherheit offenbar nicht zurechtkämen und sich an "simple, irrationale Erklärungsmodelle" klammerten, sagte Klein dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (Mittwoch).

Der Kardinal habe "das genaue Gegenteil" getan, "indem er absurde, antisemitische Verschwörungsmythen verbreitet, die schädlich für unsere Gesellschaft sind und bestehende Probleme nur verstärken". Der Antisemitimus-Beauftragte forderte eine "klare, unmissverständliche Distanzierung" durch die katholische Kirche: "Gerade auch der Vatikan ist hier gefordert."

Formulierungen mit Anklängen an Verschwörungsmythen

Kardinal Müller (73) hatte unlängst Maßnahmen gegen die Pandemie kritisiert. Dabei benutzte er Formulierungen mit Anklängen an Verschwörungsmythen. Er sprach von Versuchen, die Menschen "gleichzuschalten" und einen "Überwachungsstaat" zu etablieren.

Namentlich nannte er den Gründer des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, Microsoft-Gründer Bill Gates und den Investor George Soros. Auch verwies er auf Warnungen vor einem sogenannten Great Reset, also einem Verweis auf angebliche Eliten-Verschwörungen zum Sturz der Demokratie.

Bischofskonferenz geht auf Distanz

Die Bischofskonferenz ging via Twitter auf Distanz. "Man wundert sich sehr über diese Theorien", erklärte Sprecher Matthias Kopp: "Kardinal Müller spricht hier - davon gehe ich aus - als Privatperson."

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte, Müller habe "klar antisemitische Chiffren bedient". "Das war vor allem angesichts der derzeit aufgeheizten Stimmung verantwortungslos und nicht akzeptabel", sagte Schuster dem Portal katholisch.de. Die Kirche solle in dieser Lage befriedend wirken.

Der Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner, Pinchas Goldschmidt, appellierte, Religionsvertreter sollten sich gegen Verschwörungen, Hass und Verleumdungen stellen. "Die deutsche Bischofskonferenz sowie der Vatikan sollten sich von solchen kruden Aussagen und Positionen klar distanzieren."

Religionswissenschaftler warnt

Der Stuttgarter Religionswissenschaftler Michael Blume verwies auf seine Warnungen davor, "dass auch kirchliche Autoritäten wieder Verschwörungsmythen verbreiten werden." Die Schwelle dazu sehe er "bei Kardinal Müller jetzt erreicht", sagte Blume am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass "sich die Deutsche Bischofskonferenz und der Papst klar für das Impfen und Pandemie-Maßnahmen in christlicher Verantwortung bekannt haben. Einzelne Verschwörungsgläubige auf allen Ebenen stehen nicht für die Kirchen als Ganzes", so Blume.

Blume fügte hinzu, Anhänger des "Great Reset"-Verschwörungsmythos' leugneten sowohl die Gefahren der Covid19-Pandemie wie auch der Klimakrise und seien letztlich eine "rechtspopulistische Gefahr für die Demokratie". Häufig flössen auch antisemitische Motive ein, etwa wenn "der Verschwörungsmythos nicht nur mit Klischees über 'Finanzeliten', sondern auch konkret mit jüdischen Personen wie der Familie Soros, den Rothschilds, Henry Kissinger und dem impfenden Staat Israel verbunden" werde.


Quelle:
KNA