Ein Friedenspreis habe etwas Fabelhaftes an sich, sagt Salman Rushdie in der Paulskirche. Ihm gefiele der Gedanke, dass dauerhafter Friede selbst die Belohnung wäre. Doch in Kriegszeiten erscheine er als Hirngespinst.
Der Schriftsteller Salman Rushdie (76) hat in einer bewegenden Zeremonie den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten. Die Auszeichnung wurde dem indisch-britischen Autor am Sonntag in der Frankfurter Paulskirche verliehen.
Stehender Applaus
Rushdie sagte in seiner mit stehendem Applaus bedachten Dankesrede, er wäre überglücklich, wenn die Jury des Friedenspreises "Magisches, gar Fantastisches" könnte und als Belohnung "der Friede selbst der Preis" wäre. Sein Vorname Salman bedeute übrigens "friedlich".
Friede sei tatsächlich aber schwer zu schaffen. Mit Blick auf den Angriffskrieg Russlands sagte Rushdie, man sei in der Paulskirche versammelt, "um über Frieden zu sprechen, wo doch gar nicht weit fort ein Krieg tobt, ein der Tyrannei eines einzelnen Mannes und seiner Gier nach Macht und Eroberung geschuldeter Krieg".
Das sei "ein trauriges Narrativ, dem deutschen Publikum nicht unbekannt". In Israel und dem Gazastreifen sei zudem ein bitterer Konflikt "explodiert", sagte Rushdie: "Frieden will mir im Augenblick wie ein dem Rauch der Opiumpfeife entsprungenes Hirngespinst vorkommen."
Ehrung für Unbeugsamkeit
Der Schriftsteller Daniel Kehlmann, der mit dem 76-Jährigen eng befreundet ist, sagte in seiner Laudatio, Rushdie sei "unbestritten einer der großen Erzähler der Literaturgeschichte, der vielleicht wichtigste Verteidiger der Freiheit von Kunst und Rede in unserer Zeit - vor allem aber ein weiser, neugieriger, heiterer und gütiger Mensch".
Die Vorsteherin des Börsenvereins des Buchhandels, Karin Schmidt-Friderichs sagte, trotz hohen persönlichen Risikos sei Rushdie einer der leidenschaftlichsten Verfechter der Freiheit des Denkens und der Sprache. "Wir ehren Salman Rushdie für seine Unbeugsamkeit, seine Lebensbejahung und dafür, dass er mit seiner Erzählfreude die Welt bereichert.
Dabei beschreibe er "die Wucht, mit der Gewaltregime ganze Gesellschaften zerstören", aber auch die Unzerstörbarkeit des Widerstandsgeistes Einzelner.
Lebte jahrelang unter Polizeischutz
1989 hatte ihn der iranische Revolutionsführer Ayatollah Khomeini mit einer Fatwa zum Tode verurteilt und Rushdies Roman "Die satanischen Verse" verdammt.
Jahrelang lebte der Autor unter Polizeischutz in verschiedenen Verstecken. Im August 2022 wurde Rushdie in den USA auf offener Bühne mit einem Messer angegriffen. Er ist seitdem auf dem rechten Auge blind.
"Wir brauchen Vorbilder wie Salman Rushdie"
"Wenn Fiktion nicht mehr Fiktion sein darf, sondern für den Autor real und lebensbedrohend wird, dann müssen wir, die Buchmenschen, aufstehen, Position beziehen, Beistand leisten", betonte Schmidt-Friderichs. "Wir brauchen Vorbilder wie Salman Rushdie in einer Zeit, in der die Kettenreaktionen der Einschüchterung - sei es von religiösen Fanatikern, sei es vom Mob im Netz - Wirkung zeigen."
Der Friedenspreis ist mit 25.000 Euro dotiert und wird seit 1950 vergeben. Geehrt werden Persönlichkeiten, die in Literatur, Wissenschaft oder Kunst zur Verwirklichung des Friedensgedankens beigetragen haben. Im vergangenen Jahr wurde der ukrainische Schriftsteller und Musiker Serhij Zhadan ausgezeichnet.