Sachsens Landesbischof will Kirche neu denken

Zu sehr mit sich selbst beschäftigt

Sachsens evangelischer Landesbischof Tobias Bilz plädiert für eine stärkere Öffnung der Kirchen in die Gesellschaft. Das müsse ganz losgelöst von der Mitgliederfrage und den Zahlen geschehen.

Tobias Bilz, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsen / © Matthias Rietschel (epd)
Tobias Bilz, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsen / © Matthias Rietschel ( epd )

"Wir sollten Veranstaltungsformate entwickeln, die offener sind als das geschlossene, vereinsorientierte Kirchenwesen und die sich an eine größere Gruppe von Menschen richten", sagte der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens dem Evangelischen Pressdienst (epd). Kirche sei oft zu sehr mit sich selbst beschäftigt.

Dabei solle der angestammte kirchliche Raum auch mal verlassen werden, sagte der Theologe, der auch dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angehört. Das werde zum Beispiel an diesem Sonntag beim Stadtfest-Gottesdienst auf dem Dresdner Theaterplatz praktiziert. Bilz hält die Predigt.

Statistik der Deutschen Bischofskonferenz für 2021

Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik gehört weniger als die Hälfte der Bundesbürger einer der beiden großen Kirchen an. Die katholische Kirche zählte im vergangenen Jahr 21.645.875 Mitglieder, wie aus der Statistik der Deutschen Bischofskonferenz hervorgeht. Das entspricht rund 26 Prozent der Bevölkerung. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hatte bereits im März ihre Statistik veröffentlicht. Demnach zählte sie 19,72 Millionen Mitglieder, was einem Anteil von 23,5 Prozent entspricht.

Logo der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) auf einem Schild neben dem Eingang zum Sekretariat der DBK / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Logo der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) auf einem Schild neben dem Eingang zum Sekretariat der DBK / © Elisabeth Schomaker ( KNA )

Dinge weglassen und Kräfte freisetzen

Die Kirche sei dort herausgefordert, wo sich im Zusammenleben der Menschen Schwierigkeiten auftun. "Dafür müssen wir klären, wer wir sind und was wir wollen und auch, was wir in die Gesellschaft einbringen können – ganz abgelöst von der Mitgliederfrage und den Zahlen", forderte der Landesbischof.

Nach dem erzwungenen Corona-Stopp sollte neu gefragt werden, wofür Kirche ihre Zeit und Kraft einsetzen will. "Vielleicht können wir Dinge weglassen oder zumindest anders denken und dabei Kräfte freisetzen für Neues", schlug Bilz vor. Er habe "eine Traummarke, dass 20 Prozent der Zeit, der Kraft und des Geldes für Neues und alternative Dinge eingesetzt wird".

Mehrheit kein Qualitätsmerkmal

Weniger als die Hälfte der deutschen Bevölkerung gehört noch einer der beiden großen Kirchen an. "Mich erschüttert nicht, dass wir eine Minderheit sind", sagte Bilz. Die Mehrheit ist seiner Ansicht nach "noch kein Qualitätsmerkmal". "Wenn ich immer auf die Zahlen schiele und zugleich Menschen sage, wie sie sein sollen, wird das nichts", sagte der Bischof im epd-Gespräch.

Außerdem seien die Kirchen in Ostdeutschland "schon längst in einer Minderheitensituation". In Sachsen gehörten zum Beispiel nur 18 Prozent der Bevölkerung der evangelisch-lutherischen Landeskirche an. "Ich wünsche mir für unsere Kirche, dass wir mit einem gewissen Selbstbewusstsein das tun, was wir als richtig erkannt haben und dass wir uns da auch nicht erschüttern lassen", sagte Bilz.

Es brauche eine "neue Klarheit" darüber, wofür Kirche steht. Dazu gehöre auch, "dass wir Menschen frei entscheiden lassen, sich dazu zu positionieren". Der Bischof betonte: "Wir sind selbstbewusste, fröhliche Christen und wir gehen davon aus, dass das den Menschen guttut."

Quelle:
epd