DOMRADIO.DE: Sprechen wir über Ihr neues Album "Mehr!" und den Titelsong, der kritische Gedanken und eine eingängige Melodie hat.
Daniel Dickopf (Sänger der Band "Alte Bekannte"): Genau, das ist ja ein bisschen Konsumkritik, dass viele in der Gesellschaft ja seit Jahren schon immer mehr wollen. Man will immer reicher, schneller, größer und schöner werden. Ich habe den Song zwar jetzt nicht geschrieben. Mein Kollege Clemens Schmuck hat das getan. Aber was mir wichtig ist, dass man Kritik auch ein bisschen unterhaltsam macht, dass die Musik Spaß macht und dass der Text auch nicht mit erhobenem Zeigefinger daherkommt.
DOMRADIO.DE: Der Wunsch nach immer mehr bestimmt also unser Handeln und Denken.
Dickopf: Hoffentlich nicht von allen. Es gibt ja Gott sei Dank auch genug Gegenbeispiele, genug Leute, die sich auch für Schwächere einsetzen. Aber insgesamt gesellschaftlich und politisch, was in der Welt so passiert, ist natürlich die Gier und die Macht sehr präsent.
Ich denke auch in diesen Tagen immer wieder, dass wir zeigen müssen, dass man nicht alles mit sich machen lässt, dass man sich auch weiterhin für die Schwachen einsetzt. Ich denke immer an Misereor, das katholische Hilfswerk, das da ganz hervorragende Arbeit leistet, dass man die Leute nicht vergisst, die Opfer dieser Ungerechtigkeiten sind, die auf der Welt herrschen. Und dass man dafür auch seine Stimme erhebt und beispielsweise nicht nur das Internet den Leuten überlässt, die am lautesten brüllen mit dem meisten Hass.
DOMRADIO.DE: Sie unterstützten seit Jahren Misereor mit der Zwei-Euro-Helfen-Aktion. Was ist das denn?
Dickopf: Da kann man Spenden sammeln und 2 Euro im Monat sind ja eine Summe, wo teilweise auch Kinder schon gerne mitmachen können von ihrem Taschengeld, weil das eine relativ geringe Summe ist. Und wenn das viele tausende Leute machen, dann ist Nachhaltigkeit geboten.
Misereor lenkt den Blick auf die Leute, die keine Stimme haben: Straßenkinder in Indien beispielsweise, die einfach gar nicht von Gesellschaftspolitik wahrgenommen wurden und wofür jetzt ein Impuls geschaffen wurde. Das ist großartig, was die leisten!
DOMRADIO.DE: Was erfährt man denn dann für diese 2 Euro-Spende im Monat? Wofür wird das Geld genau eingesetzt?
Dickopf: Die sind da sehr aufmerksam und schicken einem E-Mails und halten einen auf dem aktuellen Stand. Das Geld kommt genau dort an, wo es benötigt wird. Das versickert nicht in irgendwelchen Kanälen. Die sind also sehr, sehr effizient. Ich überschlage mich vor Lob für Misereor.
DOMRADIO.DE: Dieses Jahr findet der Evangelische Kirchentag in Hannover statt. Werden Sie dort wieder auftreten?
Dickopf: Das werde ich sehr häufig gefragt. Leider nicht. Es gibt da eine Programmgestaltung vom Kirchentag und wir sind nicht eingeladen worden. Man sagt ja nicht "Hallo, wir treten auf", sondern man wird angesprochen, ob man da kommt und das war letztes Mal auch schon nicht der Fall, was wir sehr bedauern, weil wir da sehr gerne aufgetreten sind. Aber es ist so.
DOMRADIO.DE: Sie haben sogar mit den "Wise Guys" schon regelmäßig Kirchentage besungen, also eigentlich gehören Sie dazu. Haben Sie denn mal gefragt, warum die sich nicht mehr melden?
Dickopf: Nein, wir kennen die Hintergründe nicht und man will da auch nicht nerven. Entweder man wird eingeladen oder nicht. Aber die Kirchentage waren natürlich in der "Wise Guys"-Vergangenheit große Highlights. Wir haben in Köln vor 70.000 Leuten gesungen und in Bremen vor 65.000. Das war die Stimmung natürlich fantastisch.
DOMRADIO.DE: Letzten Sommer waren Sie in Rom eingeladen, bei der internationalen Ministrantenwallfahrt zum Singen, aber auch zum Moderieren.
Dickopf: Das war eine ganz lustige Geschichte. Ich bekam einen Anruf, ob ich das Vorprogramm dieser Audienz beim Papst auf dem Petersplatz moderieren möchte. Da waren im Endeffekt dann 15.000 Leute oder sogar noch mehr. Nach einem gewissen Zögern habe ich dann zugesagt. Denn es ist – denke ich – bekannt, dass ich kein großer Fan der Amtskirche und der patriarchalen Strukturen dort bin.
Aber so eine Ministrantenwallfahrt, wo einfach junge Leute diese Gemeinschaft erleben wollen und sicherlich ein bisschen über den Tellerrand hinausschauen und versuchen, diese Erde zu einem gerechteren Ort zu machen, das finde ich schon faszinierend und da hatte ich auch Spaß dran.
Dann stand ich da auf dem Petersplatz mit einer Reihe Bischöfen und der Papst selber war auch da und habe dann halt da ein bisschen moderiert und "Jetzt ist Sommer" gesungen. Der Papst hat natürlich gepredigt und ich durfte/sollte ihm danach auch die Hand schütteln. Das habe ich in meinem Leben auch noch nicht gehabt. Aber wie gesagt, ich bin nicht so der Typ, der da in Ehrfurcht erstarrt. Das ist eine bemerkenswerte Gestalt, aber ich tue mich etwas schwer mit manchen Amtskirchengeschichten.
DOMRADIO.DE: Was war Ihr Gefühl, als Sie vor ihm standen?
Dickopf: Also ganz ehrlich: Es ist ein sehr, sehr alter Herr, muss man einfach so sagen. Er tat mir ein bisschen leid. Es war unfassbar heiß. In der Sonne waren es an die 45 Grad. Und er ist ja wirklich in einem sehr hohen Alter und muss diese Dinge da leisten, die auch für gesunde mittelalte Menschen schon anstrengend sind. Ich hab mir ein bisschen gedacht, er könnte vielleicht auch eine Pause verdient haben.
Das Interview führte Tommy Millhome.