Samstagabend ist der Dom für junge Leute geöffnet

Sehnsucht nach Stille

Am Samstagabend steht der Dom für die Jugend offen: "Nightfever" heißt das Angebot schon seit vielen Jahren. Viele pilgern sogar 21 Kilometer bis zum Kölner Dom, schildert Diözesanjugendseelsorger Tobias Schwaderlapp.

Kerzen werden bei Nightfever angezündet / © Harald Oppitz (KNA)
Kerzen werden bei Nightfever angezündet / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: "Willst du mit mir gehen" - warum haben Sie das Motto für die Jugendwallfahrt im Dom gewählt?

Pfarrer Tobias Schwaderlapp, Diözesanjugendseelsorger und Rektor der Jugendbildungsstätte Haus Altenberg / © Beatrice Tomasetti (DR)
Pfarrer Tobias Schwaderlapp, Diözesanjugendseelsorger und Rektor der Jugendbildungsstätte Haus Altenberg / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Tobias Schwaderlapp (Diözesanjugendseelsorger Erzbistum Köln): Da gibt es immer eine kleine Vorbereitungsgruppe, die sich gemeinsam Gedanken gemacht hat darüber und die das Motto ausgesucht hat. Auf den Glauben übertragen, soll es schon eine Ermutigung sein.

Das hat einen ziemlich lebendigen Hintergrund, dieses Jahr haben wir gesagt: Domwallfahrt bedeutet nicht einfach mit dem Auto hierher fahren und dann 20 Meter in den Dom gehen, sondern wir wollen pilgern gehen.

DOMRADIO.DE: Da ist auch geplant vom Altenberger Dom zu Fuß nach Köln zum Dom mit den Heiligen Drei Königen zu pilgern?

Schwaderlapp: Es ist ist schon eine Strecke. Wenn man nicht gewohnt ist, viel zu gehen, dann wird man das Pilgern abends auch merken. Aber erfahrungsgemäß gibt es zwei Vorteile: Das eine ist, dass ein Pilgerziel attraktiver wird, wenn man auch ein bisschen investiert hat, um anzukommen. Insofern glaube ich schon, dass sich das lohnen wird. Und das andere: Ich denke mal, unterwegs werden wir ein paar Impulse haben, aber einfach auch Gelegenheit miteinander zu sprechen. Und ich habe jetzt einfach gerade auch in der Corona-Zeit immer die Erfahrung gemacht, gerade beim Spazieren, beim Gehen, beim Wandern kann man sich auch sehr, sehr gut sehr persönlich austauschen.

Es ist übrigens auch eine sehr schöne Strecke mit viel Wald. Irgendwann wird es eben viel Stadt und dann in anderer Weise schön. Es ist das Leben, das man da durchquert. 50 Anmeldungen haben wir derzeit und spontan werden sicherlich noch ein paar dazukommen.

Nightfever

"Nightfever" ist eine Initiative junger Christen in Deutschland. Die damaligen Theologiestudenten Andreas Süß und Katharina Fassler kamen nach dem Weltjugendtag 2005 in Köln auf die Idee, ihre Erfahrungen aus der für sie beeindruckende Vigilfeier auf dem Marienfeld weiterleben zu lassen. Sie organisierten einen Gebetsabend in Bonn, zu dem viele ehemalige Weltjugendtagsteilnehmer kamen. Auf diesen Abend wurde viele Jugendliche aufmerksam.

Nightfever im Kölner Dom (DR)
Nightfever im Kölner Dom / ( DR )

DOMRADIO.DE: Wenn dann ab 21:00 Uhr im Kölner Dom ein Nightfever-Spezial gefeiert wird, was ist da geplant?

Schwaderlapp: Da ist zunächst mal die Vigil geplant: Jugend im Dom war schon in den letzten Jahren immer traditionell am Samstagabend um 21 Uhr die große Vigil, die war eigentlich immer sehr schön, sehr stimmungsvoll, jetzt gerade auch in den letzten Jahren hinten im Chor, am Dreikönigsschrein. Und dieses Jahr wird sich dann im Anschluss eben noch ein Nightfever Abend anschließen. Also das einfach noch zwei Stunden länger der Dom geöffnet ist, Möglichkeit zum Gespräch, den Segen zu empfangen, zur Beichte oder eben einfach nur ein bisschen Zeit mit dem Herrn in der Monstranz zu verbringen. Dabei wird die Gruppe "Könige und Priester" Musik machen. Insofern denke ich, das wird geistlich ohnehin einladend und lohnend, aber eben auch musikalisch und ästhetisch sehr schön werden.

DOMRADIO.DE: Nightfever gibt es ja schon seit vielen Jahren. Wie würden Sie denn die Atmosphäre dieser ganz besonderen Gottesdienste beschreiben?

Schwaderlapp: Zunächst mal finde ich es einfach attraktiv, dass der Dom offen ist und ein aktives geistliches Programm hat. Man kann eine Kerze hinstellen. Das ist ein sehr haptischer Vorgang, der auch jedem sehr eingängig ist. Da muss man nicht besonders religiös sein oder genau wissen, was man da will. Aber ein Anliegen hat jeder. Und eine Kerze mit einem Anliegen irgendwo hin zu bringen, da verbinden die meisten irgendwie schon was mit. Das heißt, da kommen Leute einfach rein aus ganz unterschiedlichen Kontexten, die vielleicht auch einfach nur zufällig hier am Dom vorbeigelaufen sind und eingeladen wurden. Die können ein bisschen von ihren Sorgen loslassen und auch mal geistlich ein bisschen ausruhen und gegebenenfalls auch zum Gespräch noch kommen.

DOMRADIO.DE: Das ist ja in unserer Jetztzeit fast schon revolutionär, diese Stille und Ruhe, mit der sie auch Jugendliche im digitalen Zeitalter unter der Schnelllebigkeit der sozialen Medien erreichen. Internet, WhatsApp-Kommunikation: Das ist ja das genaue Gegenteil, oder?

Schwaderlapp: Ja und nein. Zunächst muss ich sagen, die meisten werden wahrscheinlich überhaupt aufmerksam auf die Veranstaltung genau durch diese Medien. Aber gleichzeitig merken, glaube ich, sehr viele junge Leute darüber, wie gehetzt häufig die Zeit geworden ist durch diese dauernde Verfügbarkeit über so viele soziale und digitale Kanäle. Ich stelle in den letzten Jahren fest, wie viele Achtsamkeitsapps im AppStore oder im Playstore angeboten werden. Junge Leute müssen darum ringen zur Ruhe zu kommen und abzuschalten. Und da haben wir 2000 bis 3000 Jahre jüdisch-christliche Erfahrung, religiöse Erfahrung, anzubieten. Ich glaube, es ist super wichtig, dass wir das in einer angemessenen, guten Form heute wieder rüberbringen.

DOMRADIO.DE: Gibt es eine massive, große, erhebliche spirituelle Sehnsucht unter jungen Menschen?

Brennende Opferkerze bei Nightfever / © Markus Nowak (KNA)
Brennende Opferkerze bei Nightfever / © Markus Nowak ( KNA )

Schwaderlapp: Total, da ist eine Sehnsucht nach Stille und gleichzeitig eine Furcht: Nicht animiert zu werden, sich nicht berieseln zu lassen, stattdessen sich mit sich selber und mit der inneren Hoffnung, der Angst, der Furcht, der Sehnsucht auseinanderzusetzen. Im Dom zu sitzen, im Bewusstsein, hier ist jemand zu Hause, der mich kennt und liebt und im Blick hat und diesem liebenden Blick mich jetzt auszusetzen. Das ist religiöse Sehnsucht und Erfüllung religiöser Sehnsucht in einem.

DOMRADIO.DE: An wen richtet sich das Angebot?

Schwaderlapp: Klassischerweise ist das die Zielgruppe 14 bis 27 Jahre. Aber ein bisschen drunter und drüber nehmen wir schon auch noch mit.

Das Interview führte Johannes Schröer.

Quelle:
DR