Schulexperten lehnen Kopftuchverbot für Mädchen ab

"Verbote provozieren nur Probleme"

In der Debatte um ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren stellen sich Schulexperten gegen den Vorstoß in Nordrhein-Westfalen. Die Diskussion sei zum jetzigen Zeitpunkt wenig sensibel und hilfreich, lautet ein Kritikpunkt.

Schülerin mit Kopftuch / © Oliver Berg (dpa)
Schülerin mit Kopftuch / © Oliver Berg ( dpa )

Diese Meinung vertritt die Landesvorsitzende des Grundschulverbands, Christiane Mika, im Gespräch mit der "Rheinischen Post". Ihr Verband sehe keinerlei Handlungsbedarf. Mika, die selbst Leiterin einer Grundschule in Dortmund ist, fügte hinzu, an ihrer Schule seien von 345 Schülern 280 Muslime; sechs Mädchen trügen Kopftuch.

Skeptisch äußerten sich in der Zeitung auch die Gesamtschulleiter. "Auch wenn die Anzahl der Kinder mit Kopftuch an den Gesamtschulen zugenommen hat, ist das derzeit kein relevantes Phänomen", sagte Mario Vallana, Landessprecher der Schulleitungsvereinigung der Gesamtschulen: "Grundsätzlich halten wir nicht viel von pauschalen Verboten. Ziel der Gesamtschulen ist es, möglichst viele Kinder zu integrieren. Ein Verbot dürfte da mehr Probleme provozieren als lösen."

Deutscher Lehrerverband sieht Vorschlag positiv

Im Gegensatz dazu bewerteten zu Beginn der Woche in der "Bild"-Zeitung der Chef des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, und die Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Susanne Lin-Klitzing, den Vorstoß als eher positiv.

Der Direktor des größten islamtheologischen Instituts in Deutschland an der Universität Osnabrück, Bülent Ucar, hält indes ein Verbot für nicht "zielführend". "Letztlich verfestigt man Parallelgesellschaften, weil die Kinder in der Schule möglicherweise anders auftreten als privat in den Familien", sagte er in der "Welt".

Zudem verwies der Religionslehrer-Ausbilder auf eine geringe Anzahl von Kindern mit Kopftuch an Grundschulen.

Dennoch müsse "der Staat natürlich eingreifen und das Kindeswohl in den Mittelpunkt seines Handelns stellen", wenn Mädchen gegen ihren Willen zum Kopftuchtragen verpflichtet würden. Ucar ergänzte: "Ich sehe die Lehrkräfte in der Verantwortung, die Kinder und Jugendlichen aufmerksam zu beobachten. Dort, wo es bedenkliche Entwicklungen gibt, muss man mit den Eltern reden - bestenfalls auch in Zusammenarbeit mit den Moscheevereinen." Die Schule dürfe auch vor "Zwangsmaßnahmen" nicht zurückschrecken.

Güler: "Es geht um freie Entfaltung"

Unterdessen unterstrich die Integrationsstaatssekretärin von NRW, Serap Güler (CDU), erneut die Forderung nach einem Verbot. "Es geht um die freie Entfaltung der Kinder, nicht um Integration", sagte die Muslima im ZDF-Morgenmagazin. Das Kopftuch solle die Reize einer Frau vor Männern verbergen, wenn dies bei Mädchen im Grundschulalter geschehe, würde sie dadurch "sexualisiert".

Zudem widersprach sie, dass bei einem Verbot auch ein christliches Kreuz an einer Halskette in Frage gestellt werden müsste. Für ein Mädchen sei es viel einfacher nach der Pubertät eine Kette abzulegen, weil sich nichts Grundlegendes in ihrem Leben ändern würde. Aber einem Kind mit Kopftuch würde dies auf Grund seines sozialen Umfeldes nicht so leicht gelingen.


Quelle:
KNA
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