Schweizer Laienvertreter beobachtet deutschen Synodalen Weg

"Beeindruckende Lernkurve"

Wie schaut ein schweizerischer Laienvertreter auf die aktuelle Synodalversammlung? Daniel Kosch war als Beobachter von Anfang an dabei und berichtet über seine Sicht der Dinge. Er hofft, dass die Ideen am Ende in Rom Gehör finden.

Daniel Kosch von der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz lobt den Synodalen Weg  (SW)
Daniel Kosch von der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz lobt den Synodalen Weg / ( SW )

DOMRADIO.DE: Wie erleben Sie die synodale Versammlung in Deutschland?

Dr. Daniel Kosch (Generalsekretär der Römisch-katholischen Zentralkonferenz der Schweiz / Laienvertreter): Ich habe das Glück, schon seit Beginn des Synodalen Wegs als Beobachter dabei zu sein.

Und ich finde auch die Lernkurve beeindruckend, die dieser Prozess macht. Ich habe den Eindruck, man kommt schon sehr viel besser ins Gespräch miteinander als am Anfang.

Daniel Kosch / © Johannes Schröer (DR)
Daniel Kosch / © Johannes Schröer ( DR )

DOMRADIO.DE: Gibt es in der Schweiz ähnliche Reformbestrebungen? 

Kosch: Die Diskussionen sind bei uns ziemlich gleich, würde ich sagen. Der Prozess läuft aber ganz anders. Die Schweizer Bischöfe haben zunächst versucht, einen Prozess in Gang zu setzen, sich dann mit bestimmten Zielgruppen unterhalten und als schließlich der weltweite synodale Prozess begann, sind sie vor allem auf diese Schiene umgestiegen.

In diesem Rahmen gehen jetzt diese Diskussionen weiter. Aber so eine Struktur wie einen Synodalen Weg in Deutschland gibt es in der Schweiz nicht.

Katholische Kirche in der Schweiz

Die katholische Kirche in der Schweiz hat laut einer aktuellen Statistik rund 2,9 Millionen Mitglieder. Aufgrund von Zuwanderung sei die Zahl trotz eines zuletzt leichten Rückgangs weiter "historisch hoch", teilte das Schweizerische Pastoralsoziologische Institut (SPI) mit.

Schweizer Flagge
Schweizer Flagge

DOMRADIO.DE: In Deutschland muss eine Zweidrittelmehrheit der Bischöfe vorliegen. Die Macht der Bischöfe ist hier enorm. Wie sind die Mehrheitsverhältnisse in der Schweiz? Geben die Bischöfe in der Schweiz den Takt an?

Kosch: Ich denke, bei uns ist manches, was hier noch diskutiert wird, schon Realität. Das verändert natürlich die Ausgangslage, weil die Bischöfe ihren Spielraum mindestens in der deutschsprachigen Schweiz schon weitgehend ausgeschöpft haben.

Was jetzt noch zur Diskussion steht, ist vieles, was dann auf weltkirchlicher Ebene entschieden werden müsste. Wir sind aber nicht in einem Prozess, wo wir solche Papiere und Forderungen abschließend formulieren, wie das jetzt hier gemacht wird, sodass man nicht einfach von Minoritäten und Mehrheiten sprechen kann. Vielmehr ist es ein Prozess, der sehr viel informeller läuft.

DOMRADIO.DE: Was heißt es, wenn Sie sagen, die Bischöfen haben ihren Spielraum in der deutschsprachigen Schweiz ausgeschöpft?

Kosch: Wir haben schon lange Pastoralassistenten, wie sie früher hießen. Heute werden sie oft Theologen oder Theologinnen in der Seelsorge genannt, die auch Leitungsfunktionen übernehmen. Wir haben auch schon länger Seelsorgende, die eine außerordentliche Ermächtigung bekommen oder Assistenzen machen können. Die Predigt ist schon sehr lange in der Deutschschweiz weit verbreitet.

Vieles von dem, was gerade heute zur Diskussion stand, ist schon eingeführt. Wo es noch Spielraum gibt, sind folgende Fragen: Wer bekommt dann wirklich diese Ermächtigungen? Und dann wird stark die Frage gestellt, die heute hier auch eine Rolle gespielt hat: Wie ist es zum Beispiel in der Einzelseelsorge, wenn man kranke Menschen mit Segnungen, Krankensalbung begleitet? Wo liegen die Grenzen? Was ist ein Sakrament? Was ist ein Segen? Was ist eine Sakramentalie? Da gibt es natürlich auch theologische Fragen, aber auch ganz praktische. Wie organisieren wir das?

DOMRADIO.DE: Hört sich so an, als ob Deutschland da ein bisschen hinterherhinkt, wenn Sie sagen, das gibt es bei uns alles schon.

Fünfte Synodalversammlung in Frankfurt / © Maximilian von Lachner (SW)
Fünfte Synodalversammlung in Frankfurt / © Maximilian von Lachner ( SW )

Kosch: Ja, ich denke, es hat bei uns auch etwas damit zu tun, wie das Verhältnis von Kirche und Staat in der Schweiz geregelt ist. Wir haben im Grunde genommen ein ähnliches System, wie die katholische Kirche in Deutschland, auch mit Kirchensteuern. Aber diese Kirchensteuern werden von den einzelnen Gemeinden erhoben. Diese stellen dann auch Personal an. Und die haben schon recht früh darauf geschaut, dass Laien, wenn sie in diesen Dienst kommen, auch das tun können, was sie wollen. Mitverantwortung im pastoralen Bereich ist also selbstverständlicher.

DOMRADIO.DE: In diesem System haben Sie gute Erfahrungen gemacht. So hört sich das an.

Teilnehmer sitzen an langen Tischen im Sitzungssaal auf der vierten Synodalversammlung am 8. September 2022 in Frankfurt / © Julia Steinbrecht (KNA)
Teilnehmer sitzen an langen Tischen im Sitzungssaal auf der vierten Synodalversammlung am 8. September 2022 in Frankfurt / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Kosch: Ja, gute Erfahrungen sind immer eine Frage des Standpunktes. Es ist klar, dass es aus Sicht von Laien, die sich für eine starke Kirche des Volkes Gottes einsetzen, sehr attraktiv ist, dass man zum Beispiel über die Kirchenfinanzen vor Ort entscheiden kann, dass man selber entscheiden kann, was gebaut wird und wo man Schwerpunkte setzt.

Auf der anderen Seite ist es natürlich so, dass die Bischöfe manchmal das Gefühl haben, dass sie quasi zu Bittstellern geworden sind. Sie haben das Gefühl, dass sie immer fragen müssen, ob sie Dinge umsetzen und finanzieren können.

Und schließlich hat das auch zur Folge, wenn so viel Geld vor Ort bleibt, dass es dann auf übergeordneter Ebene wenig Mittel gibt. Also, so einen aufwendigen Synodalen Weg zu machen, wie er in Deutschland gemacht wird, könnte man sich auf schweizerischer Ebene nicht ohne Weiteres leisten. Man müsste da schauen, dass die Gemeinden das auch auch finanziell mittragen, nicht nur inhaltlich.

Dr. Daniel Kosch, Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ)

"Wir können uns nicht verschiedene parallel laufende Synodalität in der Kirche vorstellen. Wenn wir eine Kirche sind, müssen wir auch miteinander diesen synodalen Weg weitergehen."

DOMRADIO.DE: Was wünschen Sie der Synodalversammlung der katholische Kirche in Deutschland?

Kosch: Die Synodalversammlung kommt für diese Etappe auf den letzten Weg. Ich hoffe sehr, dass die abschließende Beschlüsse, die noch anstehen, dazu führen, dass es einen guten weiteren Weg geben kann, dass man hier in Deutschland mit dem weiterarbeiten kann, was dann auch in Rom passieren wird.

Wünschenswert wäre, dass es quasi hin und her fließt, dass die deutschen Anliegen und Themen gut in Rom eingebracht werden können und dass dann auf der anderen Seite natürlich auch gut rezipiert werden kann, was auf Weltkirche-Ebene passiert.

Denn wir können uns keine verschiedene parallel laufende Synodalität in der Kirche vorstellen. Wenn wir eine Kirche sind, müssen wir auch miteinander diesen Synodalen Weg weitergehen.

Das Interview führte Johannes Schröer.

Quelle:
DR
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