Senat und Katholische Hochschule bieten duales Studium an

"Die Welt ein bisschen besser machen"

Das Land Berlin will durch praxisorientierte Studienangebote dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Zum Sommersemester 2023 startet der neue duale Bachelorstudiengang Soziale Arbeit an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin.

Autor/in:
Nina Schmedding
Am Mittwoch wurde der Kooperationsvertrag vom Senat und der Katholische Hochschule unterzeichnet / © Ground Picture (shutterstock)
Am Mittwoch wurde der Kooperationsvertrag vom Senat und der Katholische Hochschule unterzeichnet / © Ground Picture ( shutterstock )

KNA (Katholische Nachrichten-Agentur): Frau Professorin Kuhn-Zuber, warum sollte man überhaupt Soziale Arbeit studieren - was macht das Studium reizvoll?

Gabriele Kuhn-Zuber, Präsidentin der Katholischen Hochschule für Sozialwesen in Berlin / © Nina Schmedding (KNA)
Gabriele Kuhn-Zuber, Präsidentin der Katholischen Hochschule für Sozialwesen in Berlin / © Nina Schmedding ( KNA )

Prof. Dr. Gabriele Kuhn-Zuber (Präsidentin der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin): Es ist ein Studium, dass Menschen die Möglichkeit gibt, anderen Menschen gutzutun. Von der Kindheit bis zum hohen Alter kann man Menschen in verschiedenen Lebenssituationen und unterschiedlichen Lebenslagen begleiten, unterstützen und ihnen helfen, mit ihrem Leben zurechtzukommen. Soziale Arbeit ist etwas, womit man die Welt ein bisschen besser machen kann. Die Corona-Pandemie - und nicht nur die - zeigt, dass viele Menschen dringend Begleitung und Hilfe brauchen.

KNA: Soziale Arbeit hatte ja immer den Ruf, schlecht bezahlt zu sein...

Kuhn-Zuber: Mittlerweile ist der Fachkräftemangel so groß, und die Menschen werden so dringend gebraucht, dass es besser bezahlt wird als vorher. Finanziell ist der neue duale Studiengang auch für die Studierenden attraktiv: Die Studierenden erhalten 1.400 Euro brutto pro Monat und weitere Vergünstigungen wie etwa das Semesterticket, 30 Tage Jahresurlaub und Altersvorsorge.

KNA: Wer hatte die Idee zu dem neuen dualen Studiengang an der KHSB?

Kuhn-Zuber: Im Januar 2021 ist die Senatsverwaltung für Finanzen auf die Katholische Hochschule zugegangen und hat gefragt, ob wir uns einen solchen Studiengang vorstellen könnten. Wir hatten bereits gute Erfahrungen mit dem berufsbegleitenden Studiengang Soziale Arbeit. Ein dualer Studiengang knüpft daran an, das war natürlich für uns als Hochschule interessant.

KNA: Warum?

Kuhn-Zuber: Zunächst ist die Kooperation mit der Senatsverwaltung hochschulpolitisch eine gute Sache. Eine Kooperation mit der Berliner Verwaltung rückt uns noch einmal anders in den Fokus, und dann werden Absolventen und Absolventinnen von uns, die wir kennen und mitausgebildet haben, in den Behörden tätig sein, etwa in der Kinder- und Jugendhilfe oder in den Sozialämtern. Außerdem bekommen wir - zunächst in einer fünfjährigen Pilotphase - drei zusätzliche Professuren finanziert und können so unser Profil weiter schärfen.

KNA: Welche Unterschiede gibt es zu anderen Studiengängen, die für Soziale Arbeit qualifizieren?

Kuhn-Zuber: Bei den Lehrinhalten gibt es keine Unterschiede. Es ist ein grundständiger Bachelor für Soziale Arbeit. Der Unterschied ist, dass die Verzahnung zwischen Theorie und Praxis bei einem dualen Studiengang viel enger ist. Das heißt, wir haben eine Theorieausbildung am Lernort Hochschule und eine Ausbildung am Lernort Praxis. Meistens findet das abwechselnd statt, in der Vorlesungszeit jede zweite Woche Praxis.

KNA: Wer hat den Studiengang konzipiert?

Kuhn-Zuber: Die Senatsverwaltung und eine Arbeitsgruppe unter der Leitung der Vizepräsidentin Petra Mund aus unserer Hochschule haben das Konzept und die Inhalte gemeinsam in verschiedenen Projektgruppen erarbeitet. Diese haben die Rahmenbedingungen und vor allem die Ausbildung in den Praxisstellen geklärt. Das ist wichtig: Es muss den Praxisstellen klar sein, dass sie nicht nur Aushilfskräfte bekommen, sondern dass sie Ausbildungsorte sind. Die Studierenden müssen genügend Zeit bekommen, in die Prozesse hineinzuwachsen. Außerdem war uns ganz wichtig, dass die Studierenden, obwohl sie die Praxisstellen in der Senatsverwaltung oder in den Bezirksämtern haben, auch eine Praxisstelle bei einem freien Träger absolvieren. Damit sie die andere Seite kennenlernen.

KNA: Am Mittwoch wurde der Kooperationsvertrag unterzeichnet. Wie sieht die Kooperation beider Partner konkret aus?

Kuhn-Zuber: Das Studium beginnt im Sommer 2023 mit 40 Studierenden. Ausgewählt werden diese von der Senatsverwaltung und den Praxisstellen, wo die Studierenden eingesetzt werden sollen. Die Hochschule prüft die hochschulrechtlichen Voraussetzungen der Bewerberinnen und Bewerber, und dann werden sie bei uns eingeschrieben. Ein Studiengangsbeirat, der etwa aus Vertreterinnen und Vertretern der zuständigen Senatsverwaltungen, Praxisstellen und der Hochschule sowie Studierenden zusammengesetzt ist, prüft während des Studienverlaufs, ob und wie nachgesteuert werden muss.

KNA: Könnte der neue Studiengang dazu führen, dass staatliche Einrichtungen stärker als bisher für Bewerber attraktiv werden und sie damit den freien Trägern wie etwa den Wohlfahrtsverbänden - also Caritas und Co - fehlen?

Kuhn-Zuber: Die Befürchtung habe ich nicht. Wir haben derzeit an unserer Hochschule drei verschiedene Möglichkeiten, Soziale Arbeit zu studieren: Das grundständige Studium, das berufsbegleitende Studium und das neue duale Studium. Die Nachfrage nach dem Studiengang Soziale Arbeit ist grundsätzlich nach wie vor groß. Außerdem wollen wir, wenn es gut läuft, den dualen Studiengang nach der Pilotphase bei uns als Regelstudiengang einführen. Dann soll er natürlich auch für die freien Träger geöffnet werden.

Die Inhalte des Studiengangs entsprechen dem Qualifikationsrahmen für Soziale Arbeit; es ist kein Studiengang Soziale Arbeit in der Verwaltung, sondern orientiert sich am grundständigen Studium Soziale Arbeit. Auch Freie Träger sollen in die Lage versetzt werden, dual Studierende zu uns zu schicken, um den Fachkräftemangel auf allen Ebenen zu bekämpfen.

Außerdem muss man berücksichtigen, dass das duale Studium nicht für jeden etwas ist: Es ist immer - das darf man nicht unterschätzen - ein erheblicher Mehraufwand an Arbeit. Und es ist auch mit weniger Freiheit verbunden. Man ist etwa in bestimmte Behördenstrukturen eingebunden und hat weniger Freiheit bei der Wahl der späteren Arbeitsplätze.

KNA: Weil man ja nach einem erfolgreichen Studium mindestens drei Jahre für das Land Berlin arbeiten soll. Wie groß ist das Interesse bisher für den neuen Studiengang?

Kuhn-Zuber: Die Bewerbungsphase für den Start im kommenden Jahr läuft von August bis September. Laut Senatsverwaltung gibt es eine erhebliche Nachfrage. Das ist schön. Die Not ist doch sehr groß in allen Bereichen. Ich bin froh, wenn wir gut qualifiziertes Personal in den Ämtern haben werden. Wenn der Fachkräftemangel ein bisschen bekämpft wird, kann das der ganzen Stadt nur guttun und auch den Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind. Soziale Arbeit kann eine Hilfe sein für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den sozialen Frieden.

Katholische Hochschule für Sozialwesen

Die Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin (KHSB) ist eine staatlich anerkannte Fachhochschule in Trägerschaft des Erzbistums Berlin. Es ist in Ostdeutschland die einzige in katholischer Trägerschaft.

Studierende im Hörsaal / © Michael Reichel/dpa-Zentralbild (dpa)
Studierende im Hörsaal / © Michael Reichel/dpa-Zentralbild ( dpa )
Quelle:
KNA