Serie "Daredevil" bringt katholische Motive in die moderne Popkultur

Ein katholischer Superheld?

Auf Disney Plus läuft seit Anfang März die Serie "Daredevil - Born Again" aus dem Marvel Universum. Die Geschichte des katholischen geprägten Helden dreht sich um Gnade, Strafe und Erlösung. Was sagt das über unsere Gesellschaft aus?

Autor/in:
Uta Vorbrodt
Daredevil-Figur / © TY Lim (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Wir sprechen über Daredevil, den "katholischen Rächer der Enterbten". Worum geht es in der Serie?

Uwe Reckzeh-Stein / © Clemens Sarholz (DR)
Uwe Reckzeh-Stein / © Clemens Sarholz ( DR )

Uwe Reckzeh Stein (Theologe und Podcaster der (Link ist extern)"Popcornpilger"): Er besitzt alle typischen Eigenschaften eines Superhelden, ein Kostüm, ein Doppelleben und den Kampf gegen das Unrecht. Nachts jagt er Verbrecher, tagsüber ist er Anwalt und wie die Justiz selbst, ist er blind. Seine Superkraft ist, dass er ein wahnsinnig gutes Gehör hat und so durch seine Blindheit gar nicht eingeschränkt ist. So wird er zum Vollstrecker göttlicher Gerechtigkeit und zum Schrecken der Bösewichte.

DOMRADIO.DE: Das Grundprinzip bleibt immer gleich. Ein Mensch mit Superkräften, meistens ein Mann, jagt durch die Stadt, stellt Verbrecher und verhindert ihre Untaten. Die Schurken überfallen wehrlose Menschen, rauben sie aus, und dann gibt es ordentlich Prügel. Aber was macht Daredevil besonders? Gibt es in seiner Geschichte explizit katholische Elemente?

Uwe Reckzeh Stein

"Daredevil verkörpert das besonders stark, da er nicht nur Verbrecher jagt, sondern als Anwalt auch Vertreter des Rechts ist."

Stein: Ja, absolut. Diese christliche Vorstellung des übermenschlichen Helden zieht sich durch die Geschichte. Ob Roland oder Arthur, sie waren sozusagen die Superhelden ihrer Zeit. Doch in die moderne Welt übertragen, wirken solche Figuren oft ein wenig aus der Zeit gefallen. Trotzdem bleibt das Grundprinzip erhalten. Selbstaufopferung, der Kampf für eine höhere Gerechtigkeit. 

Daredevil verkörpert das besonders stark, da er nicht nur Verbrecher jagt, sondern als Anwalt auch Vertreter des Rechts ist. Seine christliche Erziehung wird immer wieder thematisiert, sie prägt seinen Glauben an Gnade und Vergebung, aber ebenso an Strafe und Gerechtigkeit.

DOMRADIO.DE: Das Katholische in Daredevil zeigt sich vor allem darin, dass der Held selbst sagt, er sei christlich erzogen worden?

Stein: Ja, das zeigt sich auch in der Inszenierung der Serie. Schon die Episodentitel enthalten oft religiöse Anspielungen. Zum Beispiel heißt die erste Folge der Neuauflage "Eine halbe Stunde im Himmel", eine Referenz auf den Wunsch, dass ein verstorbener Freund bereits im Himmel ist, bevor der Teufel es bemerkt. Das passt natürlich zu Daredevil. 

Oder die dritte Folge "Seine schützende Hand", die auf göttlichen Beistand hindeutet. Die Serie streut also gezielt christliche Symbole ein, aber ich würde das nicht überbewerten.

DOMRADIO.DE: Es geht immer um die Sehnsucht nach einem Erlöser, den man sich herbeiwünscht, oder? 

Stein: Genau, Superhelden sind letztlich moderne Varianten dieser alten christlichen Idee, dass die erlösende Kraft Gottes sich in großen Gestalten manifestiert, früher in Königen, heute in Heldenfiguren, die Gerechtigkeit wiederherstellen. Dahinter steckt die tiefe Sehnsucht nach einer rettenden Figur, die unsere Probleme löst, weil wir uns selbst zu schwach fühlen. 

Doch das ist eigentlich ein Missverständnis. Christus verspricht keine schnelle, greifbare Gerechtigkeit, sondern eine tiefere, weitreichendere Erlösung. Eine, für die wir als Christen selbst Verantwortung tragen, wenn wir am Reich Gottes mitwirken.

Uwe Reckzeh Stein

"Dass solche Geschichten heute so populär sind, wirft natürlich Fragen auf."

DOMRADIO.DE: Was sagt oder suggeriert eine solche Serie eigentlich über den Zustand unserer Gesellschaft und Demokratie?

Stein: Da fangen die Probleme eigentlich erst an. Sie zeigen, dass solche Heldenfiguren ein Ausdruck unserer Kultur sind und als Sehnsuchtsorte oder Identifikationsfiguren dienen. In den fiktiven Welten der Superhelden steht es jedoch denkbar schlecht um die Demokratie. Die Polizei ist korrupt, das politische System schwach, und die Herrschenden sind entweder selbstsüchtig oder verfolgen düstere Absichten. 

Anstelle demokratischer Lösungen treten dann diese nicht gewählten, außergewöhnlichen Figuren auf, die Superhelden, die aus eigenem Antrieb für Gerechtigkeit sorgen. Die Gesellschaft bleibt dabei nur Zuschauer, passiv und machtlos wie eine Herde Schafe. Dass solche Geschichten heute so populär sind, wirft natürlich Fragen auf. Das sagt natürlich nichts Gutes darüber aus, warum solche Bilder und Szenarien in unserer Zeit heute entstehen und so einen Zulauf haben.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Quelle:
DR

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