Nach dem Attentat auf Donald Trump verklärten ihn viele Anhänger zum Märtyrer für Amerika. Dass der Ex-Präsident sich selbst auch so sehen will, sei aber eher unwahrscheinlich, meint der Theologe Michael Hochgeschwender am Mittwoch im Deutschlandfunk. "Ich glaube nicht, dass Martyrium im Denken von Donald Trump irgendeinen Platz hat."
Auch auf den Bildern nach dem Attentat habe sich Trump nicht als Märtyrer, sondern als Kämpfer inszeniert. Während bei christlichen Märtyrern das Leid und dessen Hinnahme im Vordergrund stünden, sei es bei Trump eine "Cowboy-mäßige Männlichkeit", die er vermitteln wolle. "Wir kennen Donald Trump inzwischen ganz gut, und er hasst nichts mehr als Opfer", erklärte Hochgeschwender. Vielmehr wolle er zeigen, dass er nach dem Angriff nun aus der "Position der Stärke" handle.
Politische Instrumentalisierung von Religion
Zudem sei der Märtyrer-Begriff in der Anwendung auf Trump auch aus christlicher Sicht schwierig. Weder sei der Ex-Präsident getötet worden noch sei das Attentat wegen seines christlichen Glaubens erfolgt. Damit lägen streng kirchenrechtlich keine Voraussetzungen für ein Martyrium vor, so Hochgeschwender.
Dass der Märtyrer-Vergleich sich nach dem Attentat dennoch so gut habe verbreiten können, führt Hochgeschwender auf die politische Instrumentalisierung von Religion in den USA zurück. Der Begriff sei inzwischen aus dem kirchlichen Kontext herausgelöst und werde "sehr viel weiter verwendet, als in der christlichen Tradition", betonte der Forscher. Das sei insofern nachvollziehbar, als dass "in den USA die klassisch christliche Vorstellung, dass Gott der souveräne Herr der Geschichte ist, immer noch sehr weit verbreitet ist".