Sind Yoga und Christentum vereinbar?

"Ideal der Nächstenliebe"

Yogakurse sind im Trend und werden auch von immer mehr kirchlichen Stellen angeboten. Gehen Yoga und christlicher Glaube überhaupt zusammen? Yogalehrerin Ilona Ferdinandt mit einem Erkläransatz zum internationalen Tag des Yoga.

Symbolbild Eine Frau macht Yoga / © GaudiLab (shutterstock)
Symbolbild Eine Frau macht Yoga / © GaudiLab ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wie würden Sie Yoga in zwei, drei Sätzen erklären? 

Ilona Ferdinandt (Yogalehrerin, veranstaltet Kurse für den katholischen Sportverband "DJK Wiking Köln"): Yoga ist ein jahrtausendaltes Übungssystem aus Indien. Man könnte Yoga vielleicht auch mit Einheit oder Harmonie übersetzen. Durch Yoga bringt man Körper, Geist und Seele in Einklang.

Bei uns hier im Westen praktizieren wir überwiegend den körperlichen Yoga, den "Hatha Yoga". Da gibt es Körperstellungen, Atemtechniken, Tiefenentspannung, eventuell auch etwas Meditation und positives Denken. Diese Techniken sollen uns zu entspannen helfen, um eine Einheit mit uns selbst und unserer Umwelt wieder hinzubekommen. 

DOMRADIO.DE: Yoga kommt aus Indien, aus einer ganz anderen religiösen Tradition. Welche Brücken gibt es denn zum Christentum? 

Ferdinandt: Die Yoga-Praxis beschäftigt sich erst mal mit dem Körper. Ich sage meinen Teilnehmern immer, über die körperliche Entspannung folgt dann anschließend die geistige. Nach einer Yogastunde kann dann so ein Gefühl von Ausgeglichenheit entstehen. Oder bei Meditation innerer Frieden. Das kann uns helfen, uns selbst anzunehmen. Und wenn man sich selbst besser annehmen kann, kann man auch andere besser annehmen.

Ich sehe eine enge Verbindung zum Christentum, zum Ideal der Nächstenliebe, dass man den anderen liebt, wie sich selbst und füreinander auch da sein kann, offen sein kann. 

Ilona Ferdinandt

"Ich sehe eine enge Verbindung zum Christentum, zum Ideal der Nächstenliebe."

DOMRADIO.DE: Sie sagen, durch Yoga kann man auch Beten lernen. Wie denn? 

Ferdinandt: Yoga vermittelt uns Techniken, die uns dabei helfen können, zur Ruhe zu finden, den Geist zur Ruhe zu bringen. Wir kennen das. Wir haben unseren Kopf voll mit Gedanken, was wir noch alles erledigen müssen. Da können die Techniken des Yoga helfen, uns erst mal zur Ruhe zu bringen. Dann kann sich auch das Herz wieder für eine spirituelle Ebene öffnen. Da kann Yoga helfen, wieder einen neuen Zugang auch zu sich selbst zu finden. 

Symbolbild Yoga-Matten in einer Halle / © fizkes (shutterstock)
Symbolbild Yoga-Matten in einer Halle / © fizkes ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Was würden Sie denjenigen sagen, die als Christen Yoga ablehnen, weil sie vielleicht ein ganz anderes Gottesbild damit verbinden, also nicht unser personalisierter christlicher Gott?

Ferdinandt: Yoga hat seinen Ursprung in Indien und ist auch Bestandteil der Hindu-Religion. Ich würde aber schon sagen, dass Yoga an sich keine Religion ist. 

Ich will das mal an einem Beispiel verdeutlichen. Wenn Sie fasten, können Sie das tun, um schlicht und einfach abzunehmen. Jesus hat aber auch gefastet, um sich für seinen spirituellen Weg und für seine Berufung vorzubereiten.

Wir kennen das Fasten im Christentum, aber auch im Islam. Fasten an sich ist die Technik und das, was wir daraus machen, ist dann die Religion. Und so würde ich auch sagen, ist Yoga einfach eine Technik, die wir dann mit Inhalt füllen können. 

DOMRADIO.DE: Yoga wird in Deutschland immer populärer. Wie erklären Sie sich das? 

Ferdinandt: Ich glaube, es ist ein sehr niederschwelliges Angebot. Man hat mal gehört, dass es gut gegen Rückenschmerzen ist. Man hat vielleicht auch mal gehört, dass es gut ist, um besser mit Stress umgehen zu können. Dann probiert man es aus und stellt fest: Es tut tatsächlich gut.

Man braucht nicht viel Ausrüstung und nach einiger Zeit kann man es auch ganz gut zu Hause praktizieren. Es ist einfach nicht so fürchterlich kompliziert. 

Symbolbild Eine Frau macht Yoga / © fornStudio (shutterstock)
Symbolbild Eine Frau macht Yoga / © fornStudio ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wenn man mit Yoga anfangen möchte, wie macht man das am besten? 

Ferdinandt: Das ist tatsächlich nicht ganz so einfach. Da hat man die berühmte Qual der Wahl, weil es einfach viele verschiedene Richtungen gibt. Wenn man selbst eher ein körperbetonter Mensch ist, dann sollte man vielleicht bei einem Fitnessstudio oder bei der Volkshochschule anfangen. 

Ilona Ferdinandt

"Wenn man auf der Suche nach etwas Spirituellem ist, dann ist man sicher in einem Yogastudio gut aufgehoben."

Wenn man auf der Suche nach etwas Spirituellem ist, dann ist man sicher in einem Yogastudio gut aufgehoben. Meistens gibt es Anfängerstunden, wo man einfach mal eine Probestunde absolvieren kann. Wenn man merkt, dass es da nicht ist, sollte man nicht direkt aufgeben, weil es wirklich sehr vielfältig sein kann, wie wir Menschen ja auch sehr vielfältig sind. Da muss man vielleicht auch erst mal gucken, was zu einem passt. 

Das Interview führte Heike Sicconi.

Religionen in Indien

Indien ist der größte Staat Südasiens und flächenmäßig mehr als neunmal so groß wie Deutschland. In den 29 Bundesstaaten und sieben Territorien leben inzwischen mehr als 1,3 Milliarden Menschen, und die Bevölkerung wächst weiter stark. Fast 30 Prozent sind jünger als 15.

Weihnachten in Indien: Nationalfeiertag, auch wenn Christen in der Unterzahl sind / © Channi Anand (dpa)
Weihnachten in Indien: Nationalfeiertag, auch wenn Christen in der Unterzahl sind / © Channi Anand ( dpa )
Quelle:
DR