DOMRADIO.DE: Über den Weihnachtsstern und seine Farbe gibt es eine Legende. Wie geht die?
Antje Peters-Reimann (Gartenhistorikerin, Betreiberin des Blogs http://www.gruenwort.de/): Das ist eine mexikanische Legende. Die besagt, dass es ein kleines Mädchen gab, das zur Krippe kommen sollte. Aber das Mädchen war ganz traurig, weil es nichts mitzubringen hatte. Da fand es am Wegesrand eine krautige, grüne Pflanze. Und weil es nichts anderes fand, brachte es diese Pflanze an die Krippe mit.
Der Legende nach sollen an Heiligabend dann diese grünen, unscheinbaren Blätter leuchtend rot geworden sein. Das ist unser Weihnachtsstern. Da hat er laut Legende seine rote Farbe her.
DOMRADIO.DE: Man kennt Weihnachtssterne als handliche Topfpflanzen. In Mexiko werden sie aber schon mal bis zu vier Meter hoch. Was ist das für eine Pflanze, diese Euphorbia Pulcherrima?
Peters-Reimann: Das ist ein Wolfsmilchgewächs. Deshalb heißt das auch Euphorbia, ein ziemlich großer Strauch mit sehr langen, dünnen Ästen. An den Enden sind dann diese Blüten oder Hochblätter, wie es botanisch korrekt heißt.
Die Pflanze ist gar nicht mal so wahnsinnig auffällig und hat optisch gar nicht viel zu tun mit dem, was wir an Weihnachten gerne in unsere Wohnstuben stellen.
DOMRADIO.DE: Den lateinischen Namen Euphoria Pulcherrima dem Weihnachtsstern übrigens ein deutscher Botaniker verpasst. Wie kam das?
Peters-Reimann: Die Pflanze kommt so um 1800 über Alexander von Humboldt zu uns nach Deutschland. Alles, was damals als exotisch galt, kam erstmal nach Berlin, in den Botanischen Garten. Da fand die Pflanze zunächst nur wenig Beachtung.
Auf einmal fand aber ein Botaniker diese Pflanze interessant. Er fand vor allem interessant, dass sie eben in der Zeit blüht, wenn sonst bei uns nicht so viel blüht. Er lobte sie in den höchsten Tönen und benannte sie mit Pulcherrima, das heißt die besonders schöne, die Allerschönste.
DOMRADIO.DE: Dass aus dem Busch die weihnachtliche Deko-Pflanze wurde, hat dann später maßgeblich mit einer deutschen Auswandererfamilie in den USA zu tun, der Familie Ecke nämlich.
Peters-Reimann: Ja, der Herr Ecke Senior war ein Lehrer, der irgendwie in Deutschland nicht so richtig Fuß fassen konnte. Er ist dann mit seiner Familie nach Kalifornien ausgewandert und fand dann dort wild wachsend die wunderbaren Büsche des Weihnachtssterns vor.
Daraus hat er ein Geschäft entwickelt. Er hat sie, weil sie so lange Äste hatten, als Schnittpflanze für Blumensträuße angeboten.
Sein Sohn hat dann versucht, damit was anderes zu machen, nämlich sie kleiner und buschiger zu züchten, damit man sie wirklich schön als Zimmerpflanze zu Weihnachten vermarkten kann.
Dabei waren die Eckes sehr innovativ. So haben sie die Blumen zum Beispiel in amerikanischen Fernsehstudios angeboten. Und weil sie dort zu sehen waren, wurden sie bald zu der Zimmerpflanze schlechthin.
Geholfen hat natürlich auch der Name, den Paul Ecke der Pflanze gegeben hat: "Christmas Star", Weihnachtsstern also. Und so ließ sie sich besonders gut vermarkten.
DOMRADIO.DE: Warum sind diese Christmas Stars oder Weihnachtssterne denn so beliebt?
Peters-Reimann: Zum einen liegt es an dieser Sternform der roten Hochblätter. Das hat etwas Sternhaftes. Die Farben Rot und Grün sind natürlich die klassischen Weihnachtsfarben. Rot als Symbol der Liebe und des Feuers und Grün als Symbol der Unsterblichkeit.
DOMRADIO.DE: Haben Sie selbst zu Hause auch einen Weihnachtsstern oder womöglich sogar mehrere stehen?
Peters-Reimann: Nein, bei mir zu Hause kommt kein Weihnachtsstern ins Haus, weil ich ihn in Mexiko gesehen habe.
Das, was man hierzulande findet, ist zwar sehr hübsch, das gebe ich zu, ist aber durch viele Züchtungen so verändert worden, so dass die Pflanze klein und buschig und kompakt ist.
Deshalb möchte ich lieber keinen Weihnachtsstern haben. Bei mir steht ein schön geschmückter Weihnachtsbaum.
DOMRADIO.DE: Wenn man jetzt schon mal so einen Weihnachtsstern als Topfpflanze hat, dann muss man den auch nicht wegwerfen, oder?
Peters-Reimann: Das passiert leider sehr oft. Das liegt auch daran, dass die Pflanze oft falsch steht. Wenn man sie in die Zugluft stellt, dann verliert sie schnell ihre Blätter. Die kriegt sie aber wieder neu.
Wenn man sie ein bisschen pflegt, so bei 18 bis 20 Grad, frei von Zugluft und nicht zu sonnig, dann treibt sie munter weiter aus und man kann viele Jahre mit ihr Freude haben. Und sie kriegt dann auch wieder schöne rote Hochblätter.
Das Interview führte Hilde Regeniter.